tina bieniek gesellschaftsrecht p.jpgrobert dylan grasshoff gesellschaftsrecht webp.jpg

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Einreichung einer Gesellschafterliste

Will ein GmbH-Gesellschafter nach Einziehung seines Geschäftsanteils gegen die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste vorgehen, sollte er zeitnah handeln. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass jedenfalls einstweiliger Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden kann und der betroffene Gesellschafter (vorübergehend) seine Gesellschafterrechte verliert. Das entschied kürzlich das OLG München.

Zum Sachverhalt

Im vom OLG München entschiedenen Fall ging es um eine GmbH, an der zwei Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt waren; einer der Gesellschafter war zugleich der alleinige Geschäftsführer. In einer Gesellschafterversammlung beschloss der Gesellschafter-Geschäftsführer die Einziehung der Geschäftsanteile des anderen Gesellschafters. Er reichte noch am selben Tag eine Gesellschafterliste zum Handelsregister ein, die den anderen Gesellschafter nicht mehr als Gesellschafter auswies.

Zwei Wochen später beantragte der von der Einziehung betroffene Gesellschafter den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer. Dieser sollte verpflichtet werden, eine nochmals geänderte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, in der der Gesellschafter wieder aufgeführt sein sollte. Diesen Antrag nahm er jedoch nach einem gerichtlichen Hinweis, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht der richtige Antragsgegner sei, wieder zurück. Einen neuen Antrag – jetzt gegen die Gesellschaft als richtige Antragsgegnerin – stellte er erst vier Monate später. Das Landgericht wies diesen Antrag zurück. Dagegen wandte sich der Gesellschafter mit der sofortigen Beschwerde an das OLG München.

Das Urteil des OLG München vom 18.05.2021 (Az. 7 W 718/21)

Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das OLG München war der Ansicht, dass der Gesellschafter mit seinem (neuen) Antrag zu lange gewartet habe. Der Verfügungsgrund – also die besondere Eilbedürftigkeit – sei dadurch entfallen; einstweiliger Rechtsschutz könne daher nicht gewährt werden.

Praxishinweis

Die Gesellschafterliste gibt wieder, wer im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter gilt und damit Gesellschafterrechte (z.B. Stimm-, Teilnahme-, Rede- und Einsichtsrechte) ausüben kann. Diese sog. Legitimationswirkung (§§ 16, 40 GmbHG) besteht selbst dann, wenn die Gesellschafterliste inhaltlich unrichtig ist.

Die Legitimationswirkung spielt bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern eine wichtige Rolle. Wird ein (unwirksamer) Gesellschafterbeschluss über die Einziehung oder Zwangsabtretung der Geschäftsanteile eines Gesellschafters gefasst, kann dieser dagegen zwar mit der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage vorgehen. Eine Entscheidung ist regelmäßig aber erst nach Monaten, mitunter sogar erst nach Jahren zu erwarten. Wurde für die Zwischenzeit eine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister hinterlegt, verliert der Gesellschafter bis zur Entscheidung die Möglichkeit, seine Gesellschafterrechte auszuüben.

Um seine Rechtsposition vorläufig zu sichern, ist dem betroffenen Gesellschafter die Möglichkeit eröffnet, im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste vorzugehen. Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesellschaft kann darauf gerichtet sein, dass gar nicht erst eine neue Gesellschafterliste eingereicht wird oder – wie im Fall des OLG München – dass eine bereits eingereichte Gesellschafterliste korrigiert wird.

Zum Erlass einer einstweiligen Verfügung muss der Gesellschafter dem Gericht glaubhaft machen, dass der Einziehungs- bzw. Zwangsabtretungsbeschluss unwirksam ist (Verfügungsanspruch) und dass ein Verfügungsgrund – also eine besondere Eilbedürftigkeit – besteht. In einem Fall wie dem vor dem OLG München, folgt diese Eilbedürftigkeit regelmäßig aus der Gefahr, durch die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste die Befugnis zur Ausübung von Gesellschafterrechten zu verlieren (hierzu auch OLG München, Beschluss vom 18.05.2021, Az. 7 W 718/21). Doch selbst wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, erlässt das Gericht nicht automatisch eine einstweilige Verfügung, wie das Urteil des OLG München zeigt. Der Verfügungsgrund kann nämlich entfallen, wenn der Antragsteller die Dringlichkeit durch sein eigenes Verhalten widerlegt (z.B. indem er wie vorliegend mehrere Monate mit dem richtigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wartet). Wer seine Rechtsposition sichern will, sollte Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz daher zeitnah nach dem Einziehungs- bzw. Zwangsabtretungsbeschluss ergreifen.

Kontakt > mehr