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Haftung der Gesellschafter für Kosten des Insolvenzverfahrens

Die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) haften für die Kosten eines über das Vermögen der Gesellschaft eröffneten Insolvenzverfahrens persönlich. Dies entschied der BGH.

Sachverhalt

Dem Urteil des BGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die später insolvente Gesellschaft bürgerlichen Rechts („GbR“) fungierte als Immobilienfonds. 1992 erwarb die GbR hierzu ein Einkaufs- und Gewerbezentrum. Die Finanzierung des Kaufs erfolgte durch umfangreiche Bankdarlehen. Nachdem die GbR die Rückzahlung der Darlehen eingestellt hatte, kündigte die Bank im August 2011 sämtliche Darlehen. Gleichzeitig stellte die Bank Insolvenzantrag für die GbR. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte nun von der Beklagten u.a. die Zahlung der Kosten des Insolvenzverfahrens. Denn die Beklagte ist Gesellschafterin der GbR und hafte als solche persönlich für alle Verbindlichkeiten der GbR. Das Oberlandesgericht hatte die Klage abgewiesen. Der Insolvenzverwalter verfolgte sein Zahlungsbegehren mit der Revision weiter.

Das Urteil des BGH vom 21.11.2023 (Az. II ZR 69/22)

Der BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der BGH entschied, dass die Beklagte für die Kosten des Insolvenzverfahrens der GbR hafte. Das Berufungsgericht hatte eine persönliche Haftung der Gesellschafter noch verneint, da diese keinen Einfluss auf die Entstehung der Verfahrenskosten hätten. Dies sah der BGH anders. Denn die Gesellschafter können Einfluss auf den Eintritt der Insolvenzeröffnungsgründe und damit auf die Entstehung der Kosten des Insolvenzverfahren nehmen.

Praxishinweis

Die Gesellschafter einer GbR haften grundsätzlich – ebenso wie die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) und die Komplementäre einer Kommanditgesellschaft (KG) – persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Ausnahmen hiervon gibt es nur in seltenen Fällen. Beispielsweise haften ausgeschiedene Gesellschafter gem. § 160 HGB a.F. – nach dem zum 1. Januar 2024 in Kraft getretenen, neuen Personengesellschaftsrecht nunmehr § 137 HGB – nur für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft und dies auch nur für eine Dauer von längstens fünf Jahren; das hat vor allem damit zu tun, dass sie nach ihrem Ausscheiden keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Gesellschaft nehmen können. Auf ein Insolvenzverfahren der Gesellschaft und der Frage der Kostentragung im Insolvenzverfahren lässt sich diese Wertung jedoch – wie der BGH entschied – nicht übertragen.

Für die Kosten des Insolvenzverfahrens (insbesondere Gerichtskosten und die Vergütung des Insolvenzverwalters) hat grundsätzlich der Insolvenzschuldner aufzukommen. In Fällen einer insolventen GmbH werden die Verfahrenskosten vorrangig, d.h. vor der Befriedigung aller sonstigen Gläubiger der Gesellschaft, aus der Insolvenzmasse entnommen. Bei der GbR ist dies nicht zwingend erforderlich, solange solvente Gesellschafter existieren, die vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen werden können. Hierdurch werden die Gläubiger der Gesellschaft weiter geschützt, da die zur Verteilung existierende Masse nicht infolge des vorrangigen Ausgleichs der Verfahrenskosten gemindert wird.

Die Entscheidung des BGH unterstreicht die Risiken, die mit der Beteiligung an einer GbR – oder anderen Personengesellschaften (z.B. einer Offenen Handelsgesellschaft oder für die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft) – verbunden sein können und betont die Notwendigkeit, sich über die möglichen finanziellen Folgen im Klaren zu sein. Insbesondere sollten potenzielle Gesellschafter einer GbR sich bewusst sein, dass sie im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft persönlich für die Kosten des Insolvenzverfahrens haften können. Dies kann erhebliche finanzielle Auswirkungen haben und sollte bei der Entscheidung für oder gegen eine Beteiligung an einer GbR bzw. die konkrete Rechtsformwahl berücksichtigt werden.

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