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Mehrurlaub wegen Corona-Quarantäne

Der EuGH hat mit Urteil vom 14.12.2023 (C-206/22) entschieden, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf hat, die freien Tage nachholen zu dürfen, wenn er seinen Urlaub in Corona-Quarantäne verbringen musste.

Sachverhalt

Einem langjährig beschäftigter Sparkassenmitarbeiter war für den Zeitraum vom 3. bis 11.12.2020 bezahlter Jahresurlaub gewährt worden. Am 2.12.2020 ordnete die zuständige Behörde gegenüber dem Arbeitnehmer gemäß § 28 IfSG für den Zeitraum vom 2. bis 11.12.2020 die Quarantäne an, weil er mit einer mit dem Virus SARS-CoV-2 infizierten Person Kontakt gehabt hatte. Am 4.3.2021 beantragte der Mitarbeiter die Übertragung der Tage bezahlten Jahresurlaubs, die für den Zeitraum gewährt worden waren, der mit der ihm gegenüber angeordneten Quarantäne zusammenfiel. Nachdem diese Übertragung von der Sparkasse abgelehnt worden war, erhob der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Klage mit dem Antrag, den bezahlten Jahresurlaub auf den Zeitraum der behördlich angeordneten Quarantäne nicht anzurechnen. Nach dem Verständnis des Gerichts verpflichten die Bestimmungen des BUrlG den Arbeitgeber nur dann zur Übertragung der gewährten Urlaubstage, wenn der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit nachweisen kann, die während des Urlaubszeitraums eingetreten ist. Die deutschen Gerichte hätten aber entschieden, dass die Quarantäne allein nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen sei. Das Arbeitsgericht hatte jedoch Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Rechtsprechung mit Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88 und legte den Rechtsstreit dem EuGH vor.

Entscheidungsgründe

Der EuGH bestätigt die Ansicht der Sparkasse. Er beantwortet die ihm vorgelegte Frage dahingehend, dass Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88 und Art. 31 Abs. 2 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung oder Gepflogenheit nicht entgegenstehen, nach der es nicht statthaft ist, Tage bezahlten Jahresurlaubs zu übertragen, die einem Arbeitnehmer, der nicht krank ist, für einen Zeitraum gewährt werden, der mit dem Zeitraum einer Quarantäne zusammenfällt, die von einer Behörde wegen eines Kontakts dieses Arbeitnehmers mit einer mit einem Virus infizierten Person angeordnet wurde. Zweck des bezahlten Jahresurlaubs sei, sich von der Arbeit zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen. Dem stehe eine Quarantäne - anders als eine Krankheit - nicht grundsätzlich entgegen. Daher sei der Arbeitgeber nicht verpflichtet, Nachteile auszugleichen, die sich aus einem unvorhersehbaren Ereignis wie der Quarantäne ergeben könnten.

Hinweise für die Praxis

Die in der Sache zutreffende Entscheidung hat für Deutschland nur einen begrenzten Wert. Die EU-Länder sind nämlich berechtigt, arbeitnehmerfreundlichere Regelungen zu treffen. Deutschland hat davon Gebrauch gemacht. Die Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes vom September 2022 sieht in § 59 Abs. 1 IfSG vor, dass behördlich angeordnete Quarantänezeiten nicht auf den Urlaub angerechnet werden. Für frühere Zeiten, also den Großteil der Corona-Zeit, gilt das aber nicht rückwirkend.

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