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Neues zum Arbeitszeugnis

Im November 2023 entschieden gleich zwei Gerichte zu Inhalt und Form eines Arbeitszeugnisses. Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 28.11.2023 – 26 Ta 1198/23) hatten wir bereits kommentiert. Eine weitere Entscheidung widmet sich weiteren formalen Anforderungen.

LAG Mecklenburg-Vorpommern

Die Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 02.11.2023 – 5 Sa 35/23) betrifft den Anspruch eines Arbeitnehmers auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis sowie die Anforderungen an dessen äußere Form. Die Beklagten hatten das Zeugnis unter anderem per Post übersandt. Im Fokus stehen Fragen zur Adressangabe, zur Berufsbezeichnung des Ausstellers und zur Falzung des Zeugnisses.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Rechtsanwältin, fordert eine Änderung ihres Arbeitszeugnisses, das von den Beklagten, einer Rechtsanwaltskanzlei, ausgestellt wurde. Sie beanstandet verschiedene Punkte, darunter die Angabe ihrer Privatanschrift im Zeugnis, die Formatierung der Tätigkeitsliste, das Faltformat des Zeugnisses und das Fehlen der Berufsbezeichnung des Unterzeichners.

Entscheidungsgründe

Das LAG stellte fest, dass die Klägerin gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO) einen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis habe, welchem die Beklagten nicht hinreichend nachgekommen seien. Ein Arbeitszeugnis müsse sowohl inhaltlich als auch äußerlich den Anforderungen entsprechen, die im Geschäftsleben an solche Dokumente gestellt werden. Es diene nicht nur als Nachweis über Art und Dauer der Tätigkeit, sondern auch als Grundlage für zukünftige Bewerbungen und solle daher klar, verständlich und wohlwollend formuliert sein.

Die Angabe der Anschrift im Zeugnis, obwohl nicht zwingend erforderlich, widerspreche nicht den üblichen Erwartungen an ein Arbeitszeugnis und könne keinen negativen Einfluss auf den Eindruck des Zeugnisses haben. Es sei auch nicht ungewöhnlich, ein Zeugnis per Post zu versenden, obwohl der Arbeitnehmer grundsätzlich in der Pflicht sei, es abzuholen.

Allerdings müsse aus dem Zeugnis zweifelsfrei hervorgehen, wer es ausgestellt habe und welche Position diese Person im Unternehmen innehat. Dies erfordere die Angabe der Berufsbezeichnung des Unterzeichners unterhalb der Unterschrift, um dem Zeugnisleser sofortige Klarheit über den Aussteller zu geben. Die Unterzeichnung ohne diese Angabe könne vom Empfänger als unvollständig wahrgenommen werden und sich als nachteilig für den Arbeitnehmer erweisen (BAG, Urt. v. 21.09.1999 – 9 AZR 893/98). Ein Zeugnisleser müsse das Rangverhältnis des Zeugnisausstellers zu dem Arbeitnehmer ohne weitere Nachforschungen aus dem Zeugnis ablesen können (BAG, Urt. v. 04.10.2005 – 9 AZR 507/04).

Was die Falzung des Zeugnisses betrifft, so sei es grundsätzlich akzeptabel, ein Zeugnis zweimal zu falten, um es in einem handelsüblichen Umschlag zu versenden. Jedoch müsse sichergestellt werden, dass das gefaltete Zeugnis immer noch ordentlich kopiert oder gescannt werden könne, ohne dass die Falzung den Kopiervorgang beeinträchtige. In diesem Fall sei die Qualität der Kopie des gefalteten Zeugnisses ausreichend, um eine klare Lesbarkeit zu gewährleisten.

Insgesamt waren die Ansprüche der Klägerin weitgehend gerechtfertigt, weshalb die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde.

Praxishinweis

Auch diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Zeugnisse immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sind. Arbeitgeber sollten Arbeitszeugnisse daher sorgfältig gestalten und insbesondere den formalen Anforderungen entsprechen. Die Gestaltung fängt bereits bei Briefpapier/Briefkopf an und endet mit der Angabe der Berufsbezeichnung des Unterzeichners. Weiterhin sind eine klare Datierung und eine ordnungsgemäße Formatierung zu beachten. Einiges ist bereits vor vielen Jahren durch das BAG entschieden worden (vgl. Urteil vom 03.03.1993 – 5 AZR 182/92). Es lohnt sich daher selten einen ggfls. kostenintensiven Zeugnisberichtigungsstreit zu führen.

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