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Gesellschafterversammlungen nach Versterben eines Gesellschafters

Nach Versterben eines Mitgesellschafters sind zur Gesellschafterversammlung dessen Erben zu laden. Sind die Erben nicht bekannt, muss die Ladung an einen Vertreter der unbekannten Erben erfolgen. Andernfalls sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse nichtig. Das ergibt sich aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG).

Sachverhalt

Dem Beschluss des OLG liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin war zu 50% Gesellschafterin einer GmbH. Der weitere Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer verstarb im März 2023; die Erben waren unbekannt. Die Antragstellerin hielt daraufhin eine Gesellschafterversammlung, unter Verzicht auf alle gesetzlichen und/oder satzungsrechtlichen vorgeschriebenen Formen und Firsten zur Einberufung und Durchführungen einer Gesellschafterversammlung ab und bestellt sich zur allein vertretungsberechtigten Geschäftsführerin unter Befreiung von § 181 BGB. Das Registergericht lehnte die Eintragung der Antragstellerin als neue Geschäftsführerin ab, da die Erben nicht zur Gesellschafterversammlung geladen waren. Hiergegen legte die Antragstellerin Beschwerde ein.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg vom 02.01.2024, Az. 7 W 66/23

Das OLG Brandenburg hat der Beschwerde abgeholfen. Allerdings hatte die Beschwerde nur Erfolg, weil das Registergericht die formellen Voraussetzungen nicht eingehalten hatte. Im Übrigen hat das OLG die Rechtsauffassung des Registergerichts bestätigt. Nach Ansicht des OLG ist der Gesellschafterbeschluss nichtig, da die Erben als Rechtsnachfolger des Gesellschafters nicht zur Gesellschafterversammlung eingeladen wurden. Auch den unbekannten Erben könne das Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung nicht entzogen werden. Daran ändere auch der Wortlaut der Satzung nichts. Denn die Satzung enthält nur das Recht der Gesellschaft, den Ausschluss der Erben durch Übertragung der Anteile zu verlangen. Ein automatischer Ausschluss sei damit gerade nicht gegeben. Der Gesellschafterbeschluss sei daher nichtig. Die Antragstellerin hätte eine Nachlasspflegschaft anregen und den Nachlasspfleger anschließend zur Gesellschafterversammlung laden müssen.

Praxishinweis

Bei Versterben eines Mitgesellschafters sind die Verbliebenen meist mit einer Vielzahl von rechtlichen Fragen konfrontiert. Schwierigkeiten ergeben sich dabei nicht nur, wenn die Erben gänzlich unbekannt sind. Denn häufig wird zum Nachweis der Erbenstellung die Vorlage eines Erbscheins verlangt. Sind Entscheidungen jedoch unmittelbar nach Versterben zu treffen, liegt ein solcher Erbschein meist noch nicht vor. Gerade im geschäftlichen Bereich ist daher die vorzeitige Regelung der Nachfolge sinnvoll. So kann bereits eine Vorsorgevollmacht, die ausdrücklich über den Tod hinaus gilt, helfen, die Vertretungsbefugnisse auch unmittelbar nach dem Versterben zu regeln.

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