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Verbraucherfreundliches Urteil des EuGH bei Autokreditverträgen – Kredit zurück, Auto zurück

Autokäufer können jetzt ganz leicht von ihrem Kreditvertrag zurücktreten. Aber was ist, wenn der Kredit fest mit dem Autokauf verbunden ist? Ganz einfach: Ohne Kredit kein Auto. Wenn der Käufer seinen Kredit widerruft, muss er auch das Auto zurückgeben.

Wer von seinem Autokreditvertrag zurücktreten möchte, hat jetzt leichtes Spiel. Dafür haben die Urteile des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 09.09. 2021 (AZ: C-33/20, C-155/20 und C-187/20) gesorgt. Die Klagen richteten sich gegen die Volkswagen-, die Skoda- sowie die BMW-Bank; wobei unter anderem ein Autokäufer geklagt hatte, der 2015 einen Kredit aufgenommen hatte und diesen im Jahr 2019 widerrufen wollte.

Der EuGH hat klargestellt, dass Kreditverträge nach europäischem Recht widerrufen werden können, wenn bestimmte Pflichtangaben fehlen. Dazu gehören insbesondere genaue Prozentsätze bei Verzugszinsen. Aber auch die Berechnungsmethode einer Entschädigung, die bei vorzeitiger Rückzahlung fällig werde, müsse für einen Durchschnittsverbraucher in einer "leicht verständlichen Weise" angegeben werden. Sollten solche Pflichtangaben nicht ausreichend gemacht worden sein, könne die Bank sich nicht auf eine Verwirkung oder einen Rechtsmissbrauch des Widerrufsrechts berufen. Auf die subjektiven Motive des Autokäufers komme es ebenfalls nicht an.

Im Ergebnis müssten die Autobanken daher den Widerruf in solchen Fällen hinnehmen, selbst wenn die Widerrufsfrist abgelaufen und bereits viele Jahre vergangen seien.

Die Entscheidung des EuGH sorgt für Aufsehen. Vor allem, weil der Bundesgerichtshof (BGH) bisher eher bankenfreundlich entschieden hatte und die Formulierungen der Autobanken als ausreichend ansah. Dabei hatte sich der BGH in der Vergangenheit auch nicht verpflichtet gesehen, die bei ihm anhängigen Verfahren auszusetzen und dem EuGH vorzulegen, um hierdurch eine Klärung herbeizuführen, wie die Pflichtangaben auszulegen sind.

Welche Auswirkungen die Entscheidung des EuGH vom 09.09.2021 auf die Bankenbranche konkret haben und wie der BGH damit umgehen wird, bleibt abzuwarten. Nun werden die deutschen Richter entscheiden müssen, ob und inwieweit das nationale Recht entsprechend den Vorgaben des EuGH richtlinienkonform ausgelegt werden kann. Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass das Urteil nicht ohne spürbare Folgen bleiben wird. Zumal sich die vom EuGH gerügten Fehler in vielen Verbraucher-Kreditverträgen befinden.

Handelt es sich um ein sogenanntes verbundenes Geschäft, bei dem der Darlehensvertrag mit dem Kaufvertrag über das Fahrzeug verbunden ist, zieht ein Widerruf des Darlehens als Rechtsfolge nicht nur die Rückabwicklung des Darlehens-, sondern auch des Kaufvertrags nach sich. Das bedeutet, dass alle gegenseitigen Zahlungen erstattet werden und der Autokäufer das Fahrzeug zurückgibt. In wirtschaftlicher Hinsicht wird der Autokäufer so gestellt, als hätte er das Fahrzeug nie finanziert und gekauft. Dementsprechend hat die Autobank in einem solchen Fall sämtliche Zins- und Tilgungsleistungen an den Kunden zurückzuzahlen.

Wie viele Kunden eine Rückabwicklung des Finanzierungs- und des Kaufvertrags in Betracht ziehen werden, ist nicht absehbar. Dies hängt insbesondere davon ab, ob eine solche Vorgehensweise im konkreten Fall für den Kunden einen wirtschaftlichen Vorteil bietet. Immerhin geht die Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass der Autokäufer in diesem Fall auch einen angemessenen Wertersatz für die gefahrenen Kilometer zahlen muss. Für Kunden, die vom Dieselskandal betroffen sind, kann sich dies jedoch lohnen; schließlich ist mit Fahrverboten in Großstädten zu rechnen. Ein Widerruf kann hier vor erheblichem Wertverlust schützen. Wirtschaftlich sinnvoll kann ein Widerruf auch sein, wenn ein Kreditvertrag in der Vergangenheit mit zu hohen Zinsen abgeschlossen worden ist.

Kfz-Händler, die sich mit Rücktrittserklärungen von Kunden konfrontiert sehen, ist zu empfehlen, ihren Anspruch auf Wertentschädigung des Fahrzeugs für die Zulassung und Nutzung geltend zu machen. Schließlich hat der Kunde das Fahrzeug nicht nur dahingehend geprüft, ob es ordnungsgemäß funktioniert und die vereinbarten Eigenschaften aufweist, sondern er hat das Fahrzeug auch zugelassen und es dauerhaft genutzt.

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