Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Reduziert Krankengeld das Elterngeld Plus?

Kann ein Elternteil in voller Höhe Elterngeld Plus beziehen, obwohl Krankengeld bezahlt wird, weil das Einkommen aus einer Teilzeittätigkeit im Elterngeldbezug krankheitsdingt wegfällt? Oder wird das ersatzweise gezahlte Krankengeld auf das Elterngeld angerechnet? Das Bundessozialgericht hat diese Frage nunmehr geklärt.

Sachverhalt

Dem Urteil des Bundessozialgerichts (B 10 EG 3/20 R) vom 18.03.2021 liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin hatte nach der Geburt ihres Sohnes im Juli 2015 ihre Erwerbstätigkeit im Umfang von 60% einer Vollzeitstelle wieder aufgenommen und für diesen Zeitraum Elterngeld Plus beantragt. Bedingt durch eine Erkrankung bezog die Klägerin jedoch vom Ende des 9. Lebensmonats des Kindes bis zum Ende ihres Elterngeldbezugs mit dem 12. Lebensmonat kein Arbeitsentgelt, sondern Krankengeld. Dieses Krankengeld rechnete der Beklagte Landkreis in vollem Umfang auf den Elterngeld Plus-Anspruch der Klägerin an, so dass ihr für den 9. Monat ein geringerer Betrag und für die restlichen Monate lediglich der gesetzliche Mindestbetrag verblieb.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Sozialgericht in erster Instanz statt. Mit dem Elterngeld Plus solle die Erzielung von Erwerbseinkommen neben dem Elterngeld gefördert werden, das auf das Elterngeld nicht angerechnet werde. Dies gelte dann gleichermaßen für Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld.

Das Landessozialgericht hat die Klage abgewiesen. Die Anrechnung des Krankengeldes sei sowohl beim Bezug von Basiselterngeld als auch beim Bezug von Elterngeld Plus gesetzlich vorgesehen. Das Elterngeld Plus eröffne den Elterngeldberechtigten lediglich eine Option auf eine höhere Gesamtleistung durch die Kombination von (Teilzeit-)Einkommen und Elterngeld. Die Realisierung von Einkommen verbleibe jedoch in der Risikosphäre der Eltern.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 5 BEEG. Das Elterngeld könne seinen Zielen, das vorgeburtliche Einkommen teilweise zu ersetzen und die Teilzeitarbeit zu fördern, nicht nachkommen, wenn Leistungen, die nachgeburtliches Einkommen ersetzten, auf das Elterngeld angerechnet würden. Eltern, die ihre finanzielle Sicherung nach Geburt ihres Kindes auf die Kombination von Teilzeiteinkommen und Elterngeld stützten, würden im Falle einer Erkrankung beide Leistungen einbüßen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin war ohne Erfolg. Der Beklagte habe bei der endgültigen Bewilligung des Elterngeld Plus zu Recht das im Bezugszeitraum gezahlte Krankengeld angerechnet.

Der Anrechnung des Krankengelds stehe nicht entgegen, dass es sich um eine Entgeltersatzleistung für nachgeburtliches Einkommen handelt. Zur Vermeidung zweckidentischer Doppelleistungen werde das als Ersatz für nachgeburtliches Einkommen gezahlte Krankengeld auf das Basiselterngeld angerechnet. Für das Elterngeld Plus gelte eine entsprechende Regelung (§ 4 Abs 3 Satz 1 BEEG idF vom 18.12.2014). Das Elterngeld Plus begünstige Eltern, die ihr Kind gemeinsam erziehen und frühzeitig wieder eine Teilzeitarbeit aufnehmen. Diese Förderung Stelle das Gesetz sicher durch eine doppelte Bezugsdauer mit Deckelung des Elterngeld Plus auf die Hälfte des Basiselterngeldes, das ohne nachgeburtliches Einkommen dem Bezugsberechtigten zustehen würde (§ 4 Abs 3 Satz 2 BEEG, aaO). Eine zusätzliche Förderung durch den Verzicht auf eine Anrechnung von Krankengeld bei Ausfall von nachgeburtlichem Einkommen im Bezugszeitraum sehe das Gesetz im hier maßgeblichen Zeitraum nicht vor.

Hinweis für die Praxis

Das Elterngeld Plus begünstigt danach im Ergebnis nicht die Entscheidung der Eltern, ihr Kind gemeinsam zu erziehen und frühzeitig wieder eine Teilzeitbeschäftigung aufzunehmen; die begünstigende Wirkung tritt vielmehr nur dann ein, wenn diese Entscheidung auch erfolgreich in die Tat umgesetzt werden kann und dies nicht durch längerfristige Erkrankungen, die zur Krankengeldzahlung führen, verhindert wird. Rechtsgrundlage der Anrechnung ist in § 3 Abs. 1 Nr. 5 BEEG, wonach Einnahmen, die als Ersatz für Erwerbseinkommen zustehen, angerechnet werden. Eine ausführliche Darstellung dazu findet sich unter Nummer 3.1.1.5.1 f. der Richtlinien zum BEEG.

Eine ausdrückliche Benennung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber findet sich dort indes nicht. Da jedoch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber steuerlich als »normale Arbeitsvergütung« behandelt wird und die Definition des Erwerbseinkommens in diesem Bereich der steuerlichen Einordnung folgt, ist davon auszugehen, dass die Entgeltfortzahlung keine Anrechnung findet, die Anrechnung erst bei Beginn der Krankengeldzahlung erfolgt.

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