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Ski heil? BG erkennt Skiunfall während Kundenreise nicht als Arbeitsunfall an

Skifahren ist keine dienstliche Tätigkeit eines Geschäftsführers. Auch ein im Rahmen einer Skireise mit Kunden erlittener Skiunfall ist daher kein Arbeitsunfall im Sinne von §§ 8 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Dies entschied das LSG Hessen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (14. August 2020, Az. L 9 U 188/18).

Sachverhalt

Ein Fachhandelsunternehmen wies seinen Geschäftsführer zur Organisation und Durchführung einer 6-tägigen Skireise in die USA für Firmenkunden an. Die Teilnehmer trafen sich täglich zum gemeinsamen Frühstück und Abendessen. Sie waren ansonsten in der Gestaltung ihrer täglichen Aktivitäten frei. Bei einer Skiabfahrt stürzte der Geschäftsführer und zog sich eine Oberschenkelfraktur zu, die noch in den USA operativ versorgt werden musste. Mit diesem Sachverhalt wandte er sich an die Berufsgenossenschaft und meldete seinen Sturz dort als Arbeitsunfall. Die Berufsgenossenschaft lehnte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ab. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass sich das Unglück nicht während einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Reine Freizeitbetätigungen, so die Behörde, seien auch dann nicht versichert, wenn sie in eine Veranstaltung eingebettet seien, die dienstlichen Belangen diene. Der Verunglückte wandte ein, er sei von seiner Arbeitgeberin angewiesen worden, die geschäftlichen Kontakte zu den mitreisenden Kundenvertretern zu pflegen. Dem Unternehmen sei es wichtig gewesen, dass er an allen Aktivitäten einschließlich des Skifahrens teilnehme. Die Mitreisenden hätten am Unfalltag ausdrücklich seine Teilnahme an der Skiabfahrt gewünscht. Beim Aufstieg sei schließlich über geschäftliche Themen gesprochen worden. Weder überzeugte der Richter die Versicherung, noch das Sozialgericht.

Entscheidungsgründe

Auch das LSG Hessen schloss sich der Sichtweise des Geschädigten nicht an und bewertete die Unfallfahrt als Freizeitaktivität. Diese, so das Gericht, stehe mit der versicherten Beschäftigung des Geschäftsführers in keinem sachlichen Zusammenhang und sei daher nicht gesetzlich unfallversichert. Skifahren habe offenkundig nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten gehört. Auch sei keine bindende Weisung zur Teilnahme an einer Skiabfahrt erteilt worden.

Zu bezweifeln sei darüber hinaus, ob überhaupt eine Dienstreise oder eine bloße Motivations- und Incentivereise vorgelegen habe. Jedenfalls habe lediglich das Skifahren in deren Mittelpunkt gestanden und sei ausweislich des im Verfahren vorgelegten Flyers sogar der einzige Programmpunkt gewesen.

Auch die Pflege geschäftlicher Kontakte begründe keine versicherte Tätigkeit. Der Versicherte und seine Arbeitgeberin hätten es schließlich nicht in der Hand, Freizeitaktivitäten (Skifahren) insgesamt dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu unterstellen, indem sie diese mit betrieblichen Motiven (Kundenbindung) verknüpften. Dies gelte gleichermaßen für die betriebliche Finanzierung der Skireise, die Freistellung des Geschäftsführers von der Arbeit und die Erwartung der Arbeitgeberin, dass er an der Freizeitaktivität teilnehme.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Hinweise für die Praxis

Das Hessische Landessozialgericht hat mit seiner Entscheidung abermals klargestellt, dass Beschäftigte zwar auf Dienstreisen gesetzlich unfallversichert sind, der Versicherungsschutz allerdings nicht „rund um die Uhr“ gilt. Vielmehr muss auch die konkrete Tätigkeit auf einer Dienstreise – ebenso wie am Arbeitsplatz – mit dem Beschäftigungsverhältnis wesentlich zusammenhängen und diesem dienen.

Bei der Konzeption und Durchführung solcher Reisen ist daher Vorsicht geboten. Ein innerer sachlicher Zusammenhang und damit ein Versicherungsschutz ergibt sich nicht schon aus dem Konzept einer Veranstaltung (hier: gemeinsames Skifahren mit den Kunden zwecks Kundenbindung) und einer bloßen Finanzierung und Organisation durch ein Unternehmen. Unternehmen sollten ihre Beschäftigten zudem verbindlich anweisen, an den jeweiligen Aktivitäten teilzunehmen. Gleiches kann auch in abgewandelten Konstellationen gelten: Nimmt ein Arbeitnehmer an einer Skireise, die von einem anderen Unternehmen ausgerichtet wird, mit der Weisung seines Arbeitgebers teil, geschäftliche Kontakte zu knüpfen, können auch sportliche Betätigungen und dazugehörige Pausengespräche einen inneren Zusammenhang zum Beschäftigungsverhältnis haben.

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