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Corona Krise: Sozialschutz-Paket II – Mündliche Gerichtsverhandlung bleibt, aber Videoschaltung zugelassen

Nachdem die Bundesregierung zu Beginn der Pandemie die Maßnahmen des Sozialschutzpakets I vorgenommen hatte (vgl. hierzu www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Sozialschutz-Paket/sozialschutz-paket.html), sind mit Wirkung zum 29. Mai 2020 die Regelungen des „Sozialschutz-Pakets II“ in Kraft getreten, mit dem das Kurzarbeitergeld erhöht, Hinzuverdienstmöglichkeiten ausgeweitet und die Bezugszeit von Arbeitslosengeld verlängert worden sind. Daneben sieht das Gesetz Änderungen am ArbGG und SGG vor.

1. Was bedeutet das Sozialschutz-Paket II für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Die relevanten Änderungen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) führen zu einer Erhöhung des Kurzarbeitergeldes für diejenigen Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld für ihre um mindestens 50% reduzierte Arbeitszeit beziehen. Für diese Personen steigt der Betrag ab dem vierten Monat um 10 auf 70%. Arbeitnehmer mit Kindern erhalten weitere 7 Prozentpunkte mehr. Ab dem siebten Monat erhöht sich das Kurzarbeitergeld erneut. Für diese langzeitig Kurzarbeitslosen steigt dann das Kurzarbeitergeld auf 80% bzw. 87% für Haushalte mit Kindern. Die Regelungen gelten bis Ende 2020.

Außerdem sind die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Kurzarbeiter ab dem 01.05.2020 gestiegen. Kurzarbeiter dürfen in allen Berufen bis zur vollen Höhe ihres bisherigen Monatseinkommens hinzuverdienen. Auch diese Regelung ist bis Jahresende befristet.

Ferner wurden Erleichterungen auch für Arbeitslose geschaffen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2020 endet. Deren Bezugsdauer wird um drei Monate verlängert.

2. Welche Änderungen sind im Arbeitsgerichtsgesetz vorgenommen worden?

Nach § 114 Abs. 1 ArbGG kann das Gericht einem ehrenamtlichen Richter bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (§ 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG) von Amts wegen gestatten, an einer mündlichen Verhandlung von einem anderen Ort aus durch audio-visuelle Zuschaltung mitzuwirken. Die Verhandlung muss zeitgleich in Bild und Ton an den anderen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen werden. Die Übertragung darf nicht aufgezeichnet werden. Nach § 114 Abs. 2 ArbGG gilt Entsprechendes für die Beratung, Abstimmung und Verkündung der Entscheidung. Die daran Teilnehmenden haben durch geeignete Maßnahmen die Wahrung des Beratungsgeheimnisses sicherzustellen. Die dazu getroffenen Maßnahmen sind zu protokollieren.

Nach § 114 Abs. 3 ArbGG soll das Gericht auch den Parteien, ihren Bevollmächtigten und Beiständen von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort im Wege der zeitgleichen Bild- und Tonübertragung Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Gleiches soll für die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen gelten.

Die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehene Abweichung von dem Grundsatz der Mündlichkeit (§ 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO) für die Revisionsverhandlungen vor dem BAG vorgesehen ist indes im verabschiedeten Gesetz gestrichen worden.

§ 114 ArbGG wird mit Wirkung zum 1. Januar 2021 aufgehoben. Anders gewendet: Die Geltung des § 114 ArbGG ist bis zum Ablauf des Jahres 2020 befristet.

3. Gilt das Vorstehende auch für Sozialgerichtsprozesse?

Ja. Gemäß § 211 SGG wird in drei Absätzen parallel zu § 114 ArbGG der Einsatz der audio-visuellen Medien durch Zuschaltung von ehrenamtlichen Richtern, Parteien, Bevollmächtigten, Zeugen und Sachverständigen für die Zeit der Pandemie erleichtert. Ebenso wie zu § 114 Abs. 4 ArbGG ist auch die im Entwurf für die Revisionsverhandlungen des BSG vorgesehene Abweichung vom Mündlichkeitsgrundsatz entfallen. Ebenso ist die Geltung des § 211 SGG bis zum Ablauf des Jahres 2020 befristet.

4. Welche weiteren Maßnahmen sieht das Paket vor?

Für Kinder aus bedürftigen Familien ist das warme Mittagessen in Schule oder Kita dank der angepassten Leistungen für Bildung und Teilhabe gesichert. Damit sie in der aktuellen Situation mit Schließungen oder nur eingeschränktem Betrieb nicht darauf verzichten müssen, können die Kommunen das Mittagessen den Kindern nun auch flexibel auf anderen Wegen bereitstellen, wie z. B. durch Lieferung nach Hause oder zur Abholung.

Nach dem geänderten Gesetz für den Einsatz sozialer Dienste (SodEG) werden auch Frühförderstellen in ihrem Bestand gesichert, die entwicklungsauffällige Kinder sowie Kinder mit Behinderungen fördern und ihnen und ihren Familien sinnvolle Lebensperspektiven vermitteln.

Auch die Regelungen zur Waisenrente in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung sowie der Alterssicherung der Landwirte sind mit dem Ziel angepasst worden, dass Verspätungen beim Beginn von Ausbildungen oder Freiwilligendiensten durch die Corona-Krise nicht zu weiteren Nachteilen für die Betroffenen führen.

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