Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Provisionen können das Elterngeld erhöhen

Ob Entgeltbestandteile im Arbeitsverhältnis – auch wenn sie regelmäßig gezahlt werden – die Höhe des Elterngeldes (positiv) beeinflussen, hängt vorrangig von der lohnsteuerlichen Behandlung durch den Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren ab. Was geschieht, wenn diese nicht der tatsächlichen materiellen Steuerrechtslage entspricht?

Elterngeld wird nach §2 Abs. 1 BEEG auf der Grundlage des Einkommens aus Erwerbstätigkeit ermittelt und zwar nach Maßgabe der §§2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach §2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes. Nach §2c Abs. 1 S. 2 BEEG werden dabei Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind, nicht berücksichtigt. Nach §2c Abs. 2 BEEG sind Grundlage der Ermittlung der Einnahmen die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Steuerfachwirtin. Sie erzielte vor der Geburt ihrer Tochter neben ihrem monatlichen Gehalt jeden Monat eine Provision in Höhe von 500 bis 600 Euro, die lohnsteuerrechtlich von ihrer Arbeitgeberin als sonstiger Bezug eingestuft wurde. Diese Einstufung wurde jedoch nach Abgabe einer Einkommensteuererklärung in dem nachfolgenden Einkommensteuerbescheid korrigiert. Der beklagte Freistaat bewilligte der Klägerin aufgrund der lohnsteuerlichen Angaben in den Entgeltabrechnungen Elterngeld, ohne die Provisionen bei der Elterngeldbemessung zu berücksichtigen.

Das Landessozialgericht hat – anders als das Sozialgericht – der Klage auf höheres Elterngeld stattgegeben. Das Bundessozialgericht hat die Revision des beklagten Freistaats zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Nach der Begründung des Bundessozialgerichts seien die der Klägerin in den arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeiträumen regelmäßig und lückenlos gezahlten Provisionen materiell steuerrechtlich als laufender Arbeitslohn einzustufen. Die anderslautende Lohnsteueranmeldung der Arbeitgeberin stehe dem nicht entgegen. Die Lohnsteueranmeldung binde zwar grundsätzlich die Beteiligten im Elterngeldverfahren. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Regelungswirkung der Lohnsteueranmeldung weggefallen sei, weil sie – wie hier aufgrund eines nachfolgenden Einkommensteuerbescheids – überholt sei.

Hinweis für die Praxis

Arbeitgeber sollten im Lohnsteuerabzugsverfahren die Einkunftsarten entsprechend der materiell steuerrechtlich zutreffenden Einordnung behandeln. Arbeitnehmer sollten darauf achten, jedenfalls wenn die Möglichkeit besteht, dass dies bei der Berechnung des Elterngeldes relevant wird. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht ein arbeitsrechtlicher Korrekturanspruch bezüglich der steuerlichen Einordnung indes nur im Falle der offensichtlichen Unrichtigkeit. Wenn diese nicht vorliegt, ist der Arbeitnehmer auf die Berichtigungsmöglichkeit im steuerlichen Verfahren verwiesen. Erst danach kommt angesichts der dargestellten Bindungswirkung eine geänderte Berücksichtigung im sozialrechtlichen Elterngeldverfahren in Betracht.

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