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M&A: MAC-Klausel in Anteilskaufvertrag erstmals von US-Gericht bestätigt

Vor allem bei komplexen Unternehmenskäufen fallen die Vertragsunterzeichnung (Signing) und die tatsächliche Anteilsübertragung (Closing) zeitlich häufig weit auseinander. Insbesondere die Anmeldung einer Transaktion bei Kartellbehörden im In- und Ausland dauert seine Zeit. Dass in der Zwischenzeit viel passieren und es zu einer wesentlichen Verschlechterung der Zielgesellschaft kommen kann, wurde vielen Käufern maßgeblich durch die Anschläge des 11. September 2001 vor Augen geführt. In der Folge ist es bei größeren Transaktionen – insbesondere mit US-Bezug – üblich geworden, Regelungen für den Fall eines sog. „Material Adverse Change“ (kurz: MAC) in Anteilskaufverträge aufzunehmen.

Ziel einer solchen MAC-Klausel ist es, die Preisgefahr von der Käuferseite auf die Verkäuferseite zu verlagern. Der Käufer möchte vermeiden, an den bei Vertragsschluss vereinbarten Kaufpreis gebunden zu sein, obwohl das Unternehmen in der Zwischenzeit erheblich an Wert verloren hat. Dass die Interessen der Verkäuferseite hierzu gegenteilig sind, liegt auf der Hand und führt in der Praxis regelmäßig zu intensiven Verhandlungen:

So hat ein Käufer – sofern man sich auf eine MAC-Klausel verständigt hat – regelmäßig ein Interesse an einer weiten Formulierung, um möglichst viele Szenarien, die zu einer Wertminderung des Unternehmens führen, zu erfassen. Demgegenüber ist der Verkäufer bestrebt, die „MAC-Szenarien“ so detailliert wie möglich festzuhalten und allgemeine Entwicklungen des Marktes oder der Branche von der Klausel auszunehmen. Ein Kompromiss besteht darin, dass die Wesentlichkeit einer nachteiligen Veränderung von bestimmten Kennzahlen, etwa einem prozentualen Rückgang des EBITDA, abhängt. Für den Fall, dass ein MAC eintritt, sind schließlich die Konsequenzen zu regeln. Das ist in der Regel keine Anpassung des Kaufpreises, sondern das Recht des Käufers, die Anteilsübertragung (Closing) zu verhindern und vom Vertrag zurückzutreten.

Vor deutschen (ordentlichen) Gerichten wurde bislang – soweit ersichtlich – noch nicht über die Auslegung einer solchen MAC-Klausel gestritten. Dies liegt wohl auch daran, dass das deutsche Recht, sofern es nach einem Unternehmenskaufvertrag Anwendung finden sollte, „MAC-Szenarien“ nach der in § 313 BGB normierten Störung der Geschäftsgrundlage explizit regelt. In den USA hat die Rechtsprechung MAC-Klauseln bisher äußerst restriktiv beurteilt und das Vorliegen eines „Material Adverse Effects“, also einer wesentlichen Verschlechterung, stets verneint.

Umso bemerkenswerter ist das jüngst vom wohl einflussreichsten Gerichtshof für Gesellschaftsrecht in den USA, dem Delaware Court of Chancery, erlassene Urteil in der Sache Akorn Inc. v. Fresenius Kabi AG. Erstmals hat ein Gericht eine wesentliche Verschlechterung der Zielgesellschaft i.S.d. zwischen den Parteien ausgehandelten MAC-Klausel angenommen. Die Käuferin Fresenius war daher zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt. Grundlage für den Material Adverse Effect war ein Rückgang des EBITDA von über 50 Prozent aus unternehmensspezifischen Gründen. Der Rückgang war im Vergleich zur Gesamtbranche (Pharma/Generika) besonders stark ausgefallen. Zudem schlossen die im Rahmen der Due Diligence gewonnenen Kenntnisse der Käuferin das Rücktrittsrecht im konkreten Fall nicht aus, da die dies nicht ausdrücklich vereinbart war.

Fazit

Für die M&A-Beratungspraxis wird die Entscheidung zu keinen wesentlichen Änderungen führen. Es ist weiterhin sowohl aus Verkäufer- wie auch aus Käufersicht genau auf die jeweilige Formulierung und Ausgestaltung der MAC-Klausel im Einzelfall zu achten. Das Urteil hat zumindest aber gezeigt, dass eine Orientierung an klar definierten Kennzahlen wie dem EBITDA sinnvoll ist und für beide Seiten die Rechtssicherheit erhöht.

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