Dr. Albert Schröder, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für SteuerrechtDr. Oliver Wasmeier

Reform der DIS-Schiedsordnung

Die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) ist die führende Schiedsinstitution in Deutschland und für viele Rechtsanwender die erste Wahl zumindest bei inländischen, zunehmend aber auch internationalen Schiedsverfahren. Der Erfolg beruht maßgeblich auf dem vergleichsweise schlanken, wenig administrierten Verfahren und den dadurch bedingt geringeren Kosten im Vergleich zu z.B. Schiedsverfahren nach der Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris. Mit Wirkung zum 01.03.2018 hat sich die DIS – erstmals seit 20 Jahren – eine neue Schiedsgerichtsordnung gegeben (DIS-SchO 2018). Die Verfahren sollen gestrafft und besser an die internationalen Bedürfnisse angepasst werden. Ziel ist es auch, die Berechenbarkeit des Verfahrens und die Verständlichkeit der Regelungen zu erhöhen, ohne Flexibilität aufzugeben.

1. Grundzüge der neuen DIS-Schiedsordnung

Mit der Reform will die DIS im Wesentlichen in vier Bereichen Verbesserungen erzielen:

  • Effizienz: Die neuen Schiedsregeln sollen helfen, das Schiedsverfahren effizienter und damit kostengünstiger zu gestalten. Hierzu werden viele Fristen neu oder erstmals geregelt: Der Schiedsbeklagte muss innerhalb von 21 Tagen (bisher: 30 Tage) seinen Schiedsrichter benennen, das Schiedsgericht innerhalb der ersten 21 Tage nach seiner Konstituierung eine sog. Verfahrenskonferenz abhalten, in der u.a. erörtert werden muss, welche effizienzsteigernden Maßnahmen angewendet werden können. Neu ist auch die Frist für die Klageerwiderung, die nun 45 Tage nach Zustellung der Schiedsklage beträgt. Auch im Bereich Kosten und Honorar setzt die DIS-SchO 2018 an: So kann z.B. die DIS bei Verzögerung der Erstellung des Schiedsspruchs (Regelzeit: 3 Monate) das Honorar des Schiedsrichters kürzen. Dieser wiederum darf eine effiziente Verfahrensführung durch die Parteien bei seiner Kostenentscheidung berücksichtigen.
  • Transparenz: Die DIS-SchO 2018 stellt außerdem neue Regeln zur Transparenz auf, indem die Rolle der DIS zu der einer unabhängigen Kontrollinstanz ausgebaut wird. So entscheidet ein neuer DIS-Rat als unabhängige Instanz über die Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Besorgnis der Befangenheit. Auch in Sachen Kosten wird die DIS eine aktivere Rolle einnehmen: Sie verwaltet Honorarvorschüsse und entlastet so die Schiedsrichter. Der DIS-Rat kann aber auch den vom Schiedsgericht festgelegten Streitwert überprüfen und legt das Honorar der Schiedsrichter bei vorzeitiger Beendigung des Schiedsverfahrens fest.
  • Flexibilität: Drittens soll das Schiedsverfahren insgesamt flexibler werden, indem die Rolle des Schiedsrichters gestärkt wird. Ein „automatisches“ Dreier-Gericht gibt es nun nur noch bei Parteivereinbarung. Fehlt diese, legt das Schiedsgericht das anwendbare Recht und die Verfahrenssprache nach eigenem Ermessen fest. Auch bei Kostenentscheidungen wird dem Schiedsgericht mehr Ermessen eingeräumt.
  • Modernisierung und Internationalisierung: Schließlich versucht die DIS mit der Reform eine Modernisierung und Anpassung an die Besonderheiten internationaler Streitigkeiten. Im Zuge der Modernisierung wird nunmehr der elektronische Rechtsverkehr umfassend einbezogen. Bei grenzüberschreitenden Verfahren erfolgt eine Angleichung an internationale Standards.  So war bislang das Schiedsgericht (analog zum deutschen Richter) verpflichtet, in jeder Lage des Verfahrens eine einvernehmliche Lösung zu fördern – ein Konzept, das insbesondere für Parteien aus dem angelsächsischen Raum befremdlich wirkte. Nun bindet diese Pflicht die Schiedsrichter nur noch, wenn keine Partei dem widerspricht. 

2. Anmerkungen

Gerade im grenzüberschreitenden Handel, aber auch bei besonders schwierigen oder geheimhaltungsbedürftigen Sachverhalten sollten sich Unternehmer bei der Vertragsgestaltung darüber Gedanken machen, welche Regeln zur Konfliktlösung gelten sollen. Statt die Zuständigkeit bestimmter staatlicher Gerichte zu vereinbaren, können Schiedsklauseln eine Alternative sein. Sie sind ein Muss, wenn die Vollstreckbarkeit von staatlichen Urteilen im Land des Vertragspartners nicht oder nur mit erheblichem Aufwand gewährleistet ist. Das gilt beispielsweise in Ländern wie China, Indien, Thailand aber – je nach Prozessgegenstand – auch in Teilen der USA. Hat der Vertragspartner dort seinen Sitz und sein maßgebliches Vermögen, nützt ein deutsches Urteil wenig bis gar nichts.

Schiedsverfahren können auch Nachteile haben: Als unterliegende Partei wird man es bedauern, dass es in Schiedsverfahren keine zweite Instanz gibt. Vor allem aber sind die Kosten oft deutlich höher als bei staatlichen Gerichten; gerade bei verhältnismäßig geringen Streitwerten kann die Verfolgung von Ansprüchen schnell unverhältnismäßig teuer werden. Die Auswahl der Schiedsordnung kann somit entscheidend für die Rechtsdurchsetzung sein.

Die DIS ist oft eine gute Wahl. Mit der DIS-Schiedsordnung 2018 verbindet sich die Hoffnung, dass neuere Entwicklungen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit mit den bewährten Prinzipien staatlicher deutscher Gerichtsverfahren noch besser als bislang kombiniert werden können. Die Schiedsgerichte werden von administrativem Ballast entlastet, während Transparenz und Flexibilität verbessert werden sollen. Die Verfahren werden somit voraussichtlich effizienter und schneller durchgeführt werden können. 

Es bleibt zwar abzuwarten, wie sich die neuen Regeln in der Praxis bewähren. Die Papierform ist aber bereits sehr vielversprechend!

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