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Grenzen der Leistungstransparenz im Gesundheitswesen

Mit Urteil vom 20. Februar 2018 (Az. VI ZR 30/17) hat der BGH die geschäftsmäßige Datenerhebung und -speicherung von Bewertungsportalen im Gesundheitswesen beschränkt.

Hintergrund

Die Beklagte betreibt ein Online-Bewertungsportal für Heilberufler. Dort werden den Nutzern allgemeine Angaben wie z.B. Öffnungszeiten, Anschriften und Kontaktdaten von Arztpraxen und Apotheken zur Verfügung gestellt; daneben sind Bewertungen abrufbar, die die Nutzer abgeben können. Der erkennende Senat hatte die Funktionsweise des Portals im Hinblick auf diese Informationen in seinem Urteil vom 23. September 2014 (Az. VI ZR 358/13) grundsätzlich als zulässig erachtet. Die Kommunikationsfreiheit der Betreiberin überwiege insoweit das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung.

Neben den allgemeinen Angaben werden für Heilberufler, die kostenpflichtige Verträge mit dem Portal abschließen, jedoch noch zusätzliche Informationen wie etwa ein Profilbild angezeigt. Darüber hinaus werden die zahlenden Vertragspartner bei Abruf eines nicht bezahlten Eintrags dem Nutzer als Konkurrenten „in der Umgebung“ aufgeführt. Andersherum finden sich demgegenüber keine Hinweise auf Konkurrenten in den bezahlten Einträgen.

Gegen diese Praxis wandte sich nun eine – nichtzahlende – Ärztin. Sie begehrte die Löschung ihrer personenbezogenen Daten von der Portalbetreiberin aufgrund unzulässiger Speicherung. Die Differenzierung zwischen den „Premium-" und den sonstigen Profilen schreibe ihr ein „schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung“ ihrer Daten im Sinne von § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG zu.

Entscheidung

Anders als die Vorinstanzen bejaht der BGH den Löschungsanspruch. Während die Beklagte hinsichtlich der allgemeinen Angaben als „unverzichtbare Mittlerperson“ zu mehr Leistungstransparenz im Gesundheitswesen beitrage, nehme sie sich in dieser Rolle zurück, soweit sie werbende Hinweise zugunsten der Bezahl-Kunden anbringe. Im Ergebnis setze sich das Recht der klagenden Ärztin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten gegenüber dem Grundrecht des Portalbetreibers auf Meinungs- und Medienfreiheit durch.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung überzeugt und schiebt der intensiven geschäftsmäßigen Datenerhebung und -speicherung einen Riegel vor. Zudem zeigt sie, dass datenschutzrechtliche Sachverhalte stets einer sorgfältigen Einzelfallbetrachtung bedürfen.

Bewertungsportale – sei es für Ärzte, Apotheker, Anwälte, Handwerker oder sonstige Dienstleister – werden vor diesem Hintergrund ihr Geschäftsmodell überdenken müssen. Ausschlaggebend für die Zulässigkeit bestimmter Zusatzangaben für „Premium“-Kunden wird es sein, den Portalnutzern die Differenzierung gegenüber sonstigen Profilen hinreichend offenzulegen. Der von den Bezahlkunden erhoffte Werbeeffekt büßt dadurch aber signifikant ein, da nicht mehr der Eindruck erweckt werden kann, es handele sich um ein objektives Ergebnis.

Noch schärfer als der zivilrechtliche Löschungsanspruch wird Portalbetreiber mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (25. Mai 2018) der Bußgeldrahmen bei Verstößen gegen die Grundsätze der Verarbeitung treffen: bis zu 4 % des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs. Der datenschutzrechtskonforme Betrieb solcher Bewertungsportale wird damit unverzichtbar.

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