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Verjährungsfrist beim Verstoß gegen vertragliches Wettbewerbsverbot

Das BAG hat mit Urteil vom 30.05.2018 (10 AZR 780/16) entschieden, dass die dreimonatige Verjährungsfrist des § 61 Abs. 2 HGB nicht nur alle Ansprüche aus § 61 Abs. 1 HGB erfasst, sondern grundsätzlich auch aus Wettbewerbsverstößen des Arbeitnehmers resultierende konkurrierende vertragliche oder deliktische Ansprüche des Arbeitgebers. Ob hierzu auch Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 StGB gehören, bleibt weiterhin offen.

Sachverhalt

Der beklagte Arbeitnehmer war bei der klagenden Arbeitgeberin als Gruppenleiter beschäftigt und für mehrere Kundenteams verantwortlich und damit unter anderem für den Kunden K zuständig. Der Arbeitsvertrag enthält eine Geheimhaltungsverpflichtung, ein Nebentätigkeitsverbot sowie eine Ausschlussfristenregelung.

Im Februar 2014 kündigte K den Vertrag vorzeitig und ließ sich fortan von dem Konkurrenzunternehmen ICS betreuen. Zeitgleich kündigten der Beklagte und ein anderer Mitarbeiter ihre Arbeitsverträge ordentlich. Beide wechselten zur Firma ICS.

Angesichts der Parallelität der Ereignisse erfolgte unter anderem eine forensische Untersuchung und Sichtung der Dienstlaptops und dienstlicher E-Mail-Accounts. Der Beklagte und der andere Mitarbeiter wurden verdächtigt, gemeinsam durch manipulative und rechtswidrige Tätigkeiten zielgerichtet dafür Sorge getragen zu haben, dass sich der Kunde K gelöst und zum Konkurrenzunternehmen ICS gewechselt habe. Die Arbeitgeberin erstattete Strafanzeige wegen des Verdachts des Verstoßes gegen § 17 UWG und § 266 StGB.

Darüber hinaus machte die Arbeitgeberin Schadensersatzansprüche beim Arbeitsgericht geltend. Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe

Das BAG befand, dass die behaupteten Schadensersatzansprüche der Klägerin nach § 61 Abs. 2 HGB verjährt seien.

Die dreimonatige Verjährungsfrist des § 61 Abs. 2 HGB finde nicht nur auf sämtliche Ansprüche aus § 60 iVm. § 61 Abs. 1 HGB Anwendung, sondern erfasse auch aus Wettbewerbsverstößen resultierende konkurrierende vertragliche oder deliktische Ansprüche des Arbeitgebers. Ausgenommen seien hingegen Ansprüche, deren Entstehung nicht auf dem Wettbewerbsverstoß beruht, wie beispielsweise pflichtwidrige Vermögensverfügungen oder andere Handlungen zu Lasten des Arbeitgebers ohne Wettbewerbsbezug.

Diese Erstreckung auf konkurrierende Ansprüche sei vor allem damit zu begründen, dass § 61 Abs. 2 HGB eine schnelle Klärung und Bereinigung der sich aus der Wettbewerbstätigkeit ergebenden Rechtsfolgen erreichen solle. Der Berechtigte solle zur baldigen Entscheidung veranlasst werden, ob er Ansprüche aus der Vertragsverletzung ableiten will. Dieser Zweck würde jedoch vereitelt, wenn nach dem Ablauf der kurzen Verjährungsfrist für den vertraglichen Anspruch der Verpflichtete weiter der Gefahr ausgesetzt bliebe, aus dem gleichen Sachverhalt - wenn auch mit einer anderen rechtlichen Begründung - in Anspruch genommen zu werden. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB oder solche aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. einem Schutzgesetz, wie zB § 17 UWG, handelt.

Ob bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 StGB (Untreue) die kurze Verjährungsfrist des § 61 Abs. 2 HGB ebenfalls Anwendung findet oder in einem solchen Fall auf die allgemeinen Verjährungsvorschriften zurückzugreifen sei, bedürfe jedoch auch hier keiner Entscheidung. Das LAG habe ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 StGB nicht vorliegen, weil eine Vermögensbetreuungspflicht des beklagten Arbeitnehmers nicht angenommen werden kann.

Hinweise für die Praxis

Das BAG bestätigt nochmals seine bisherige Rechtsprechung, wonach die dreimonatige Verjährungsfrist nach § 61 Abs. 2 HGB nicht nur für Schadensersatz- und Herausgabeansprüche nach § 61 I HGB gilt, sondern für alle Ansprüche des Arbeitgebers, die dieser aus Wettbewerbsverstößen des Arbeitnehmers nach § 60 HGB herleitet. Sie ist daher auch dann anzuwenden, wenn konkurrierende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 823 BGB oder wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB geltend gemacht werden (BAG, Urteil vom 11.04. 2000 – 9 AZR 131/99). Da die kurze Verjährungsfrist des § 61 Abs. 2 HGB auf eine zügige Klärung der Ansprüche abzielt, sollte sich der Arbeitgeber schnell darüber klar werden, ob er gegen den betreffenden Arbeitnehmer vorgehen möchte oder nicht, um nicht in die Verjährung zu geraten. Für die Praxis ist zudem zu beachten, dass die Verjährung durch die Erhebung einer Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO gehemmt werden kann, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (BAG, Urteil vom 28.01.1986 – 3 AZR 449/84). Dies kann dadurch erfolgen, indem Auskunftsansprüche zusammen mit einem noch unbezifferten Hauptantrag geltend gemacht werden.

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