Dr. Barbara Mayer, Fachanwältin für Handels- und GesellschaftsrechtDr. Jan Henning Martens, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Beurkundungen im Gesellschaftsrecht durch Schweizer Notare zulässig?

Notarielle Beurkundungen sind in der Schweiz günstiger als in Deutschland. Allerdings ist umstritten, ob und inwieweit Schweizer Notare gesellschaftsrechtliche Vorgänge, insb. Gründungen, Umwandlungen und Anteilsübertragungen, bei deutschen Gesellschaften beurkunden können. Das AG Charlottenburg hat kürzlich entschieden, dass ein Berner Notar keine Gründung einer GmbH beurkunden könne.

Der Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 22.01.2016, Az. 99 AR 9466/10, stellt anschaulich die BGH-Rechtsprechung zur Beurkundung deutscher gesellschaftsrechtlicher Vorgänge in der Schweiz dar.

Eine Beurkundung vor einem ausländischen Notar ist immer zulässig, wenn der Notar dem deutschen Notar gleichwertig ist und das Beurkundungsverfahren dem deutschen Prozedere entspricht. Bei Eheverträgen wird die Gleichwertigkeit für viele Schweizer Kantone bejaht - mit der Folge, dass in diesen Fällen erhebliche Kosten eingespart werden können. Bei den meisten gesellschaftsrechtlichen Vorgängen ist die Gleichwertigkeit hingegen problematisch:

  • Bei der Beurkundung von GmbH-Anteilsverkäufen besteht noch immer Rechtsunsicherheit. Der BGH hat in einem jüngeren Urteil die Einreichung einer Gesellschafterliste durch einen Basler Notar für zulässig gehalten (Urt. vom 17.12.2013, Az. II ZB 6/13), aber offen gelassen, ob er Beurkundungen in Basel-Stadt akzeptieren würde.
  • Hauptversammlungen einer deutschen Aktiengesellschaft können nach einem recht aktuellen BGH-Urteil (Urt. v. 21.10.2014, Az. II ZR 330/13) im Ausland stattfinden und auch von ausländischen (gleichwertigen) Notaren beurkundet werden. Insbesondere eine Beurkundung in vielen Schweizer Kantonen ist daher zulässig.
  • Bei Gesellschaftsgründungen und Satzungsänderungen wird die Gleichwertigkeit der Beurkundung im Ausland überwiegend abgelehnt. In diesen Fällen hat der Notar umfassende Aufklärungspflichten, die ein ausländischer Notar - mangels entsprechender Ausbildung im deutschen Recht - kaum erfüllen kann. Die Lage ist anders als bei der Protokollierung der deutschen AG, wo der Notar im Wesentlichen nur eine Protokollierungsfunktion hat, aber keine Prüf- und Belehrungspflichten.

Bei Gesellschaftsgründungen und Satzungsänderungen werden Formmängel bei der Beurkundung durch die Eintragung geheilt. Soweit Registergerichte (wie etwa derzeit in Freiburg i.Br.) Beurkundungen von Schweizer Notaren akzeptieren und die Vorgänge eintragen, können Gründungen und Satzungsänderungen in der Schweiz beurkundet und dann elektronisch bei dem Registergericht eingereicht werden. In diesen Fällen empfiehlt sich, zuvor beim zuständigen Handelsregister anzufragen, ob die ausländische Beurkundung akzeptiert wird oder nicht. Denn die Handelsregister entscheiden unterschiedlich. Berlin ist (nicht nur geographisch) weiter von der Schweiz entfernt als Freiburg.

Keine Heilungsmöglichkeit gibt es bei Anteilsübertragungen. Um Risiken einer Unwirksamkeit zu vermeiden, bleibt hierfür der sicherste Weg die Beurkundung vor einem deutschen Notar. Das gilt für ganz Deutschland.

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