UPDATE – Bundesfinanzhof urteilt: Gewinne aus Kryptocoins sind steuerpflichtig
Vor kurzem haben wir hier über die mündliche Verhandlung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Besteuerung der Kryptowährungen Bitcoin, Ethereum und Monero berichtet. Der BFH hat das mit Spannung erwartete Urteil nunmehr verkündet: Gewinne aus der Veräußerung von Kryptocoins sind als „private Veräußerungsgeschäfte“ einkommensteuerpflichtig (BFH, Urteil vom 14.02.2023 – IX R 3/22).
Kernpunkte der Entscheidung
- Kryptowährungen stellen „andere Wirtschaftsgüter“ i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Nach Auffassung des BFH umfasst der Begriff „Wirtschaftsgut“ neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile, deren Erlangung sich ein Steuerpflichtiger etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer gesonderten selbständigen Bewertung zugänglich sind. Diese Voraussetzungen sind bei Kryptowährungen gegeben, da insbesondere Bitcoin, Ethereum und Monero wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel fungieren und einen Kurswert haben. Die technischen Details spielen für die Eigenschaft als Wirtschaftsgut keine Rolle.
- Gewinne, die aus der Veräußerung von Kryptowährungen erzielt werden, unterliegen bei einer Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres der Einkommensteuer.
- Tauschvorgänge innerhalb von Wallets oder Exchanges (bspw. Tausch von Bitcoin gegen Ethereum oder FIAT) sind Anschaffungs- und Veräußerungsvorgängen gleichgestellt.
- Ein strukturelles Vollzugsdefizit besteht nicht. Es sind weder gegenläufige Erhebungsregelungen vorhanden, die einer Besteuerung entgegenstehen, noch liegen Anhaltspunkte vor, dass seitens der Finanzverwaltung Gewinne und Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen nicht ermittelt und erfasst werden können. Die Verfahren, in denen die Ermittlungsmaßnahmen, etwa durch Sammelauskunftsersuchen der Finanzverwaltung, nicht zum Erfolg führten, wertete der BFH als „Einzelfälle“, die ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht begründen.
Beraterhinweis und Ausblick
Die Entscheidung des BFH gibt (privaten) Krypto-Anlegern nunmehr Sicherheit im Umgang mit der Besteuerung von Kryptowährungen – jedenfalls hinsichtlich der Beurteilung von Veräußerungsgewinnen innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist.
Steuerlich nicht zu beurteilen hatte der BFH bspw. die Frage des Erwerbs von Kryptowährungen im Zusammenhang mit der Blockerstellung mittels „Mining“ oder „Forging“. Auch die Frage, wann Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, brauchte der BFH nicht zu entscheiden. In solchen Fällen ist es höchst ratsam, dass Krypto-Anleger und Steuerberater genau überprüfen, ob hieraus erzielte Einnahmen der Besteuerung unterliegen, da auch keine finanzgerichtlichen Entscheidungen vorliegen. Zu den vorbenannten und weiteren Einzelfragen hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen nimmt die Finanzverwaltung ausführlich Stellung (BMF-Schreiben vom 10.05.2022).
Für die Praxis bedeutet dies Folgendes:
- Gewinne und Verluste aus dem Kryptohandel innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist sind als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu erklären, da andernfalls die Nicht-Erklärung als Steuerhinterziehung verfolgt werden könnte.
- Angesichts der enorm gestiegenen Popularität des Kryptohandels in der Vergangenheit und des hieraus resultierenden Steueraufkommenspotenzials für den Fiskus, wird die Finanzverwaltung im Rahmen eines Sammelauskunftsersuchens vermehrt Anlegerdaten von Kryptobörsen abfragen – und die Entdeckungswahrscheinlichkeit für nicht deklarierte Veräußerungsgewinne aus Kryptocoins hiermit drastisch steigern. Wer also noch nicht ins Visier der Steuerfahndung geraten ist, sollte schnell handeln und Veräußerungsgewinne im Rahmen einer strafbefreienden Selbstanzeige nachmelden, da ansonsten der Sperrgrund der Tatentdeckung droht.
- Angesichts der Kursverluste der meisten Kryptocoins im letzten Jahr können Verluste steuerwirksam realisiert werden: der Verlustausgleich erfolgt nur mit Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften (bspw. Immobilien, Edelmetalle oder Kunstwerke) im gleichen Jahr. Sind in dem Jahr, in dem die Kryptoverluste entstanden sind, keine weiteren privaten Veräußerungsgeschäfte getätigt worden, müssen die Verluste entweder zurückgetragen (Verlustrücktrag) oder vorgetragen (Verlustvortrag) werden. Der Verlustrücktrag kann nur für das vorausgegangene Jahr geltend gemacht werden, falls dort Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt worden sind. Verlustvorträge können innerhalb der Einkunftsart unbeschränkt in die nächsten Jahre übernommen werden.
3. März 2023