Stephanie Mayer 145x96

Betriebsratswahl bei ausländischer Fluggesellschaft

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Verfahren auf Einstweiligen Rechtsschutz den Antrag auf vorläufige Untersagung wahlvorbereitender Maßnahmen für eine geplante Betriebsratswahl zurückgewiesen (Beschluss vom 22.02.2023 – 4 TaBVGa 1301/22).

Sachverhalt

Dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die antragstellende Fluggesellschaft hat ihren Sitz in Malta und führt mit maltesischer Fluglizenz Flüge unter anderem von und zum Flughafen Berlin-Brandenburg BER durch. Die Gewerkschaft ver.di hatte das am BER stationierte Flugpersonal der Fluggesellschaft zur Wahl eines Betriebsrats aufgerufen. Die Fluggesellschaft vertritt die Ansicht, sie unterhalte am BER keine betriebsratsfähige Organisationseinheit. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wollte sie vor dem Arbeitsgericht Cottbus erreichen, dass bis zur rechtskräftigen Klärung dieser Frage keine Betriebsratswahl stattfindet.

Entscheidungsgründe

Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag der Fluggesellschaft zurückgewiesen und festgestellt, dass die Vorbereitung der Betriebsratswahl durch die Wahl eines Wahlvorstands nicht vorläufig zu untersagen sei.

Voraussetzung für die Untersagung einer Wahl sei die Nichtigkeit der beabsichtigten Wahl. Die lediglich mögliche Anfechtbarkeit der beabsichtigten Wahl genüge für deren Untersagung nicht, denn nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes sollten betriebsratslose Betriebe vermieden werden. Im Falle einer Wahlanfechtung werde dieses Ziel dadurch erreicht, dass der gewählte Betriebsrat mit allen Rechten und Pflichten im Amt bleibe, bis das Wahlanfechtungsverfahren ggf. rechtskräftig zugunsten des Arbeitgebers entschieden sei. Eine Betriebsratswahl sei nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür sei ein so eklatanter Verstoß gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr bestehe.

Vorliegend sei eine Nichtigkeit der beabsichtigten Betriebsratswahl nicht gegeben. Es sei zumindest nicht auf den ersten Blick erkennbar und offensichtlich, dass auch ein qualifizierter Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz an der Base BER nicht vorliege, da ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit bei dem Flugbetrieb der Fluggesellschaft am BER gegeben sei. Die Rechtsfrage, ob ein derart qualifizierter Betriebsteil auch dann betriebsratsfähig sein könne, wenn der Hauptbetrieb – wie hier – außerhalb Deutschlands und damit außerhalb des Geltungsbereichs des Betriebsverfassungsgesetzes liege, sei höchstrichterlich bisher ungeklärt. Sie könne nicht zugunsten der Fluggesellschaft im Wege der einstweiligen Verfügung geklärt werden, weil die entgegenstehende Auffassung der Gewerkschaft vertretbar und nicht offensichtlich unzutreffend sei. Ein Aufschieben der Betriebsratswahl bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen einer betriebsratsfähigen Organisationseinheit der Fluggesellschaft am BER, möglicherweise durch drei Instanzen und über mehrere Jahre, sei den Beschäftigten nicht zumutbar.

Gegen diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg im Einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist kein Rechtsmittel gegeben.

Hinweis für die Praxis

Die Entscheidung liegt nur als Pressemitteilung mit, sie ist jedoch im Eilverfahren mit Blick auf Sinn und Zweck des Betriebsverfassungsgesetzes konsequent. Eine Vorwegnahme der Hauptsache darf nicht erfolgen. Wirklich interessant wird daher das Hauptsacheverfahren, denn die Frage, ob eine betriebsratsfähige Einheit auf deutschem Bundesgebiet bei im Ausland liegendem Hauptbetrieb bestehen kann, muss erst noch (höchstrichterlich) entschieden werden und dürfte – sollte es dazu kommen – einiges Interesse und ggfls. einige Nachahmer nach sich ziehen.

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