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Verkäufer muss Vorschuss für Transportkosten zum Ort der Reparatur leisten

Der Verkäufer einer mangelhaften Sache muss dem Käufer auf dessen Verlangen einen Transportkostenvorschuss zahlen, um es dem Käufer zu ermöglichen, die Sache zum Ort der Reparatur auf Kosten des Verkäufers zu bringen. Dies wurde kürzlich in einem Fall entschieden, bei dem ein Verbraucher einen mangelhaften Gebrauchtwagen kaufte. Es ist zu erwarten, dass diese Rechtsprechung auch auf Kaufverträge zwischen Unternehmern (B2B-Bereich) übertragen wird.

Hintergrund

Die in Schleswig-Holstein ansässige Klägerin (Käuferin) hatte von der Beklagten (Verkäuferin), die in Berlin einen Fahrzeughandel betreibt, einen gebrauchten PKW für 2.700 EUR gekauft. Kurze Zeit nach Übergabe des Wagens wandte sich die Klägerin wegen eines von ihr behaupteten Motordefekts an die Beklagte. Die Beklagte reagierte zunächst nicht. Nachdem die Klägerin der Beklagten eine Frist zur Behebung des Mangels gesetzt hatte, bot die Beklagte eine Reparatur in ihrer Werkstatt in Berlin an. Um den defekte PKW nach Berlin zu bringen, verlangte die Klägerin einen Transportkostenvorschuss i.H.v. 280 EUR. Alternativ bot sie die Abholung des Wagens durch die Beklagte an. Die Beklagte reagierte abermals nicht, woraufhin die Klägerin erneut eine Frist zur Mängelbeseitigung setzte. Als die Beklagte auch darauf nicht reagierte, ließ die Klägerin den Wagen in einer Werkstatt in Kassel reparieren. Die ihr dadurch entstandenen Kosten für Reparatur, Transport und Reise i.H.v. rund 2.300 EUR machte die Klägerin anschließend gerichtlich geltend. Nachdem die Klage in den ersten beiden Instanzen abgewiesen worden war, legte die Klägerin Revision zum BGH ein.

Das Urteil des BGH vom 19.07.2017, Az. VIII ZR 278/16

Die Revision vor dem BGH hatte Erfolg. Der BGH entschied, dass ein Verkäufer gesetzlich verpflichtet ist, einem Käufer auf dessen Verlangen einen Vorschuss für den Transport einer (vermeintlich) mangelhaften Kaufsache zu zahlen. Hintergrund ist, dass der Käufer die Kaufsache zum Zwecke der Reparatur oftmals an den Wohn- oder Geschäftsort des Verkäufers bringen muss. Dies verursache zwangsläufig Kosten beim Käufer. Gleichzeitig solle die Mängelbeseitigung für den Käufer aber kostenfrei sein. Dies sei nur möglich, wenn der Käufer auch einen Vorschuss für den Transport zum Verkäufer verlangen könne.

Gesetzliche Grundlage hierfür sei die Regelung des § 439 Abs. 2 BGB, wonach der Verkäufer u.a. die zum Zwecke der Mängelbeseitigung erforderlichen Transport- und Wegekosten zu tragen habe. Diese Regelung gebe dem Käufer nicht nur die Möglichkeit, sich entstandene Kosten vom Verkäufer erstatten zu lassen; sie gebe ihm auch einen Anspruch auf einen Vorschuss zur Deckung der Transportkosten.

Anmerkung

Mit seiner Entscheidung hat sich der BGH abermals für den Schutz des Käufers im Rahmen der Mängelgewährleistung ausgesprochen. Bereits in einer früheren Entscheidung (BGH Urt. v. 13.04.2011 − VIII ZR 220/10) hatte der BGH dargelegt, dass angesichts des Schutzzwecks des Unentgeltlichkeitsgebots auch ein Vorschussanspruch des Verbrauchers in Betracht komme. Hintergrund ist, dass die Nacherfüllung im Rahmen der Mängelgewährleistung für einen Käufer unentgeltlich sein soll. Auf diese Weise solle der Käufer vor drohenden finanziellen Belastungen geschützt und nicht aus Sorge vor anfallenden Kosten davon abgehalten werden, die Beseitigung des Mangels vom Verkäufer zu verlangen.

Für Unternehmer bedeutet die Entscheidung wiederum, dass sie sich künftig einem Vorschussverlangen ihrer Käufer ausgesetzt sehen werden, wenn diese die (vermeintlich) mangelhafte Kaufsache zur Reparatur zum Sitz des Unternehmers bringen müssen. Schwierigkeiten können sich hierbei insbesondere hinsichtlich der Frage nach der Höhe des Transportkostenvorschusses ergeben. Wie das Urteil andeutet, sind dem Käufer insoweit Grenzen gesetzt, dass er einen nicht ersichtlich unangemessenen Transportostenvorschuss verlangen darf. Tut er dies dennoch, so wird man wohl eine ordnungsgemäße Aufforderung zur Mängelbeseitigung seitens des Käufers verneinen müssen.

Es ist eher zu erwarten, dass diese Rechtsprechung auch auf Kaufverträge zwischen Unternehmern (B2B-Bereich) übertragen wird.

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