sabine schroeter arbeitsrecht2 2.jpg

Nicht gewährter Urlaub: Kein finanzieller Ersatz vor Ende des Arbeitsverhältnisses

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 16. Mai 2017 (9 AZR 572/16) entschieden, dass ein finanzieller Ersatz für nicht gewährten Urlaub während des laufenden Arbeitsverhältnisses gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ausgeschlossen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin war als angestellte Redakteurin tätig. Ihr standen jährlich 31 Urlaubstage zu. Mit ihrem Arbeitgeber vereinbarte sie ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, das am 1. April 2012 begann. Die Arbeitsphase endete am 31. März 2015. Als Beendigungstermin im Anschluss an den passiven Block der Altersteilzeit wurde der 31. März 2018 vereinbart.

Ende 2014 beantragte die Klägerin schriftlich die Gewährung von 31 Urlaubstagen für das Jahr 2015. Sie erhielt jedoch nur 8 Urlaubstage. Im Anschluss an ihren Eintritt in die passive Phase der Altersteilzeit verlangte die Klägerin daher Schadensersatz für die aus ihrer Sicht zu Unrecht in 2015 nicht gewährten Urlaubstage. Zur Begründung führte sie an, ihr Eintritt in die passive Phase des Blockmodells führe dazu, dass der Urlaub als Naturalanspruch nicht mehr erfüllbar sei.

Entscheidungsgründe

Das Bundesarbeitsgericht schloss sich dieser Rechtsauffassung nicht an. So lange ein Arbeitsverhältnis nicht beendet sei, bestehe kein Anspruch auf finanzielle Entschädigung für rechtzeitig beantragten und nicht gewährten Urlaub. Eine Abgeltung nicht erfüllter Urlaubsansprüche sei nach dem geltenden Urlaubsrecht erst im Anschluss an die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich. Zuvor führe es zwar ebenfalls zum Entstehen von Schadensersatzansprüchen, wenn ein Arbeitgeber den ordnungsgemäß geltend gemachten Urlaubsanspruch eines Mitarbeiters innerhalb des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraums nicht erfülle. Der Ersatz bestehe in diesem Fall jedoch - anders als nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - in der Gewährung von „Ersatzurlaub“, also einer bezahlten Freistellung nach Maßgabe des Bundesurlaubsgesetzes. Die Klägerin, so die Erfurter Richter, sei daher so lange nicht in der Lage, finanziellen Ersatz ihres nicht erfüllten Urlaubsanspruchs für 2015 zu verlangen, bis das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet sei. Nicht mit dem Übergang von der Aktivphase in die Freistellungsphase, sondern erst mit Ende der Freistellungsphase sei dies der Fall.

Hinweise für die Praxis

Der Ansatz des BAG, dass die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses Voraussetzung für das Entstehen eines Ersatzanspruchs in Geld ist, entspricht dem Dogma von § 7 Abs. 4 BUrlG, vermag aber im konkreten Fall nicht recht zu überzeugen. Der „Ersatzurlaub“ hat für einen Mitarbeiter, der ohnehin keine Arbeitspflicht hat, keinen Wert. Die Parteien eines Arbeitsverhältnisses sollten – auch ungeachtet der Entscheidung – vor dem Eintritt des Mitarbeiters in die Freistellungsphase der Altersteilzeit Klarheit über die noch bestehenden Urlaubsansprüche herbeiführen und diese nach Möglichkeit realisieren.

Kontakt > mehr