Stephanie Krüger, Arbeitsrecht

Kein betriebliches Eingliederungsmanagement bei Versetzung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX keine Voraussetzung für eine Versetzung von der Nachtschicht in die Wechselschicht ist (18.10.2017 – 10 AZR 47/17).

Sachverhalt

Der Kläger verlangte von der Beklagten die Beschäftigung als Maschinenbediener in der Nachtschicht. Mit Arbeitsvertrag vom 12.07.1991 erklärte sich der Kläger „grundsätzlich bereit, auch Schichtarbeit zu leisten“. In der Zeit von 1994 bis 2005 war er zunächst in Wechselschicht (Frühschicht/Spätschicht) tätig, seit 2005 arbeitete der Kläger als Maschinenbediener dann in Nachtschicht. In den Jahren 2013 und 2014 war der Kläger jeweils an 35 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. In der Zeit vom 02.12.2014 bis zum 26.02.2015 war er aufgrund einer suchtbedingten Therapiemaßnahme arbeitsunfähig, danach wurde er wieder in der Nachtschicht beschäftigt. Am 25.03.2015 fand ein Krankenrückkehrgespräch statt, welches von der Beklagten nicht als Maßnahme des betrieblichen Eingliederungsmanagements beabsichtigt und/oder ausgestaltet war. Nach diesem Gespräch ordnete die Beklagte an, dass der Kläger seine Arbeit zukünftig in Wechselschicht zu erbringen habe.

Der Kläger vertritt die Ansicht, die Weisung sei bereits deshalb unwirksam, weil die Beklagte vor der Maßnahme kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt habe. Weiterhin würden auch die Grundsätze billigen Ermessens im Sinne der §§ 106 GewO, 315 BGB nicht eingehalten, da seine Interessen an der Fortsetzung der Nachtschicht nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.

Die Beklagte hingegen meint, sie könne einen häufig erkrankten Mitarbeiter in der Nachtschicht schwere ersetzen, da hier nur eine geringere Anzahl Arbeitnehmer herangezogen werde könne. Darüber hinaus habe sie aber auch die gesundheitlichen Belastunge einer Nachtschicht berücksichtig und im Interesse des Klägers ihn von dieser befreit. Mit der Versetzung habe sie prüfen dürfen, ob sich die gesundheitliche Situation des Klägers bei einem Einsatz in der Wechselschicht verbessere.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht (LAG) hat ihr stattgegeben.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements im Sinne von § 84 Abs. 2 SGB IX ist nach Auffassung des BAG keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung. Dies soll auch in den Fällen gelten, in denen die Weisung auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Weisung des Arbeitgebers insgesamt billigem Ermessen im Sinne der §§ 106 Satz 1 GewO, 315 Abs. 1 BGB entspricht. Dies ist im Rahmen des Direktionsrechts stets zu berücksichtigen und es sind dabei alle Umstände des Einzelfalls in die Abwägung mit einzubeziehen.

Das BAG kam zum Ergebnis, dass das LAG zu diesen Umständen keine hinreichenden Feststellungen getroffen habe, weshalb das BAG eigenen Angaben zufolge nicht abschließend entscheiden konnte. Die Sache war daher an das LAG zurückzuverweisen.

Hinweise für die Praxis

Arbeitgeber werden sich freuen, dass nach der zunehmend restriktiven Rechtsprechung des BAG hinsichtlich der Anforderungen an ein ordnungsgemäßes betriebliches Eingliederungsmanagement in Zusammenhang mit krankheitsbedingten Kündigungen, jedenfalls bei einer Versetzung diese formelle Voraussetzung nicht ebenfalls erfüllt werden muss. Im vorliegenden Fall war sicher zu berücksichtigen, dass die Dauernachtschicht arbeitsschutzrechtlich eine besondere Herausforderung ist, denn es ist bekannt, dass sie erhebliche gesundheitliche Belastungen mit sich bringen kann. Ob die individuelle Weisung wirksam ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Für den vorliegenden Fall muss hierzu nun das LAG erneut entscheiden.

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