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Betriebsübergang – Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb

Das BAG hat mit Urteil vom 19.10.2017 (8 AZR 845/15) entschieden, dass ein Wiedereinstellungsanspruch grundsätzlich nur Arbeitnehmern zustehen kann, die Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genießen.

Sachverhalt

Der Kläger war seit 1987 bei der vormaligen Beklagten zu 1. in deren Apotheke als vorexaminierter Apothekenangestellter beschäftigt. Mit Schreiben vom 28. November 2013 kündigte die vormalige Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger sowie mit allen übrigen Beschäftigten zum 30. Juni 2014. Der Kläger, der keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG genoss, da es sich bei dem Betrieb der vormaligen Beklagten zu 1. um einen Kleinbetrieb iSv. § 23 Abs. 1 Satz 2 bis 4 KSchG handelte, hat die Kündigung nicht angegriffen. Die vormalige Beklagte zu 1. führte die Apotheke über den 30. Juni 2014 hinaus mit verringerter Beschäftigtenzahl weiter. Am 1. September 2014 übernahm die Beklagte (vormalige Beklagte zu 2.) auf der Grundlage eines Kaufvertrages vom 15. Juli 2014 die Apotheke einschließlich des Warenlagers. In dem Kaufvertrag hatte die Beklagte sich zudem zur Übernahme und Weiterbeschäftigung von drei Arbeitnehmern verpflichtet.

Entscheidungsgründe

Der Kläger hat mit seiner Klage zunächst sowohl die vormalige Beklagte zu 1. als auch die Beklagte (vormalige Beklagte zu 2.) auf Wiedereinstellung in Anspruch genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat das arbeitsgerichtliche Urteil nur insoweit mit der Berufung angegriffen, als seine gegen die Beklagte (vormalige Beklagte zu 2.) gerichtete Klage abgewiesen wurde. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Ein Wiedereinstellungsanspruch kann grundsätzlich nur Arbeitnehmern zustehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen. Ob sich in Kleinbetrieben im Einzelfall ausnahmsweise aus § 242 BGB ein Wiedereinstellungsanspruch ergeben kann, bedurfte vorliegend keiner Entscheidung. Der Kläger hätte einen solchen Anspruch erfolgreich nur gegenüber der vormaligen Beklagten zu 1., die den Betrieb nach Ablauf der Kündigungsfrist des Klägers zunächst weitergeführt hatte, verfolgen können. Seine gegen die vormalige Beklagte zu 1. gerichtete Klage war aber rechtskräftig abgewiesen worden.

Hinweise für die Praxis

Das BAG hat klargestellt, dass ein Wiedereinstellungsanspruch grundsätzlich nur Arbeitnehmern zustehen kann, die sich zum Zeitpunkt der Kündigung auf Kündigungsschutz berufen können. Daher ist in einem Kleinbetrieb ein solcher Anspruch nach einem Betriebsübergang meist ausgeschlossen. Das Urteil des BAG ist zu begrüßen, da es in einer bisher noch nicht höchstrichterlich entschiedenen Frage mehr Rechtssicherheit schafft. Literatur und Rechtsprechung der Instanzgerichte standen einem Wiedereinstellungsanspruch in Kleinbetrieben bisher eher ablehnend entgegen. Ob sich in Kleinbetrieben ausnahmsweise aus § 242 BGB ein Wiedereinstellungsanspruch ergeben kann, musste das BAG vorliegend nicht entscheiden, da die Klägerin einen solchen Anspruch gegenüber der vormaligen Arbeitgeberin hätte geltend machen müssen, die ihr gekündigt und den Betrieb nach Ablauf der Kündigungsfrist zunächst fortgeführt hatte. Dies hatte sie jedoch nicht getan. Hieraus wird zugleich ersichtlich, dass es vorteilhaft ist, wenn ein gekündigter Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang sowohl den Betriebsveräußerer und zugleich den Erwerber verklagt, auch wenn dies mit erhöhten Prozesskosten verbunden ist, zumal der Arbeitnehmer mit der Klage gegen einen der beiden Beklagten zwangsläufig unterliegen wird. Ob ein Betriebsübergang vorliegt, wird der gekündigte Arbeitnehmer aber erst dann wissen, wenn das Gerichtsverfahren rechtskräftig beendet worden ist.

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