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Bankrecht: Neue Regelungen für die mittel- und längerfristige Liquidität ab 2018

Zum 01.01.2018 werden die Regelungen für die mittel- und längerfristige Liquidität der Kreditinstitute auf Grundlage der CRR (Capital Requirement Regulation, Verordnung Nr. 575/2013 vom 26. Juni 2013) verbindlich. Die CRR hat als Verordnung unmittelbare Bindungswirkung für alle EU-Institute (Art. 288 Abs. 2 AEUV). Die in Deutschland geltende Solvabilitätsverordnung (SolvV) und die §§ 10 ff. KWG ergänzen diese Regelungen. Kreditinstitute müssen ab dem 01.01.2018 100% der Liquidity Coverage Ratio (LCR) und die Net Stable Funding Ratio (NSFR) erfüllen.

Hintergrund: Finanzkrise, Liquidität und Liquiditätsrisiken

Die CRR ist eine Reaktion auf die Finanzkrise 2008, die unter anderem gezeigt hat, dass die Vorstellung, Institute mit guter Bonität könnten jederzeit liquide Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen, nicht zutreffend war. Die bisherigen Liquiditätsplanungen hatten in der extremen Krisensituation nicht ausgereicht. Wegen längerfristiger Bindung der Mittel konnten Institute ihre aktuellen Zahlungsanforderungen der Kunden nicht erfüllen. Grundsätzlich sind Institute aber gemäß § 11 Abs. 1 KWG verpflichtet, ihre Mittel so anzulegen, dass jederzeit eine ausreichende Zahlungsbereitschaft (Liquidität) gewährleistet ist.

Zentrale Liquiditätsrisiken sind das Refinanzierungs- oder Transformationsrisiko, das Abrufrisiko und das Terminrisiko. Um diesen Risiken zu begegnen, ist nach der klassischen goldenen Bankregel das Aktivgeschäft im Passivgeschäft abzubilden. Diese Regel wird ergänzt durch die sog. Bodensatztheorie. Danach werden Passiva eines Kreditinstituts erfahrungsgemäß nicht vollständig zum Fälligkeitszeitpunkt abgerufen, sondern stillschweigend oder ausdrücklich prolongiert werden (bspw. Tagesgeld). Treten laufende Neuzugänge von Einlagen hinzu, können Fristen im Passivgeschäft des Kreditinstituts auch transformiert werden, um neue Mittel zur Finanzierung von Wirtschaft und Privatkunden bereitzustellen (Liquidität als dynamischer Prozess). Eine Liquiditätsgarantie ist in diesem Modell jedoch – wie 2008 gezeigt hat – wohl auch generell nicht möglich.

Aktuell: Liquiditätssicherung durch LCR und NSFR

Die CRR soll die fortbestehende Wahrscheinlichkeit für einen Liquiditätsausfall minimieren. Die Liquiditätsanforderungen werden in Art. 411 ff. CRR geregelt. LCR und NSFR sind Liquiditätskennzahlen, die bereits im Basel III Rahmenwerk eingeführt worden sind.

Die LCR stellt eine Information zur mittelfristigen Liquidität eines Kreditinstituts zur Verfügung. Sie erfasst die jeweils nächsten 30 Tage. Die LCR wird aus dem Bestand an hochliquiden Aktiva im Verhältnis zum Nettoabfluss unter definierten Stresssituationen nach Art. 412 CRR berechnet. Die Daten müssen monatlich gemeldet werden. Der Erfüllungsgrad von anfänglich 60 % ab 01.10.2015 ist nun ab dem 01.01.2018 auf 100 % festgesetzt, Art. 460 Abs. 2 lit. d CRR.

Die NSFR erfasst, ergänzend dazu, langfristige Verbindlichkeiten der Kreditinstitute, um ein Mindestmaß an stabiler Refinanzierung für langfristige Verbindlichkeiten bereitzustellen. Die Kennziffer gibt das Verhältnis zwischen der tatsächlich stabilen, dauerhaft verfügbaren Finanzierung zu der gemäß der Dauer ihrer Liquiditätsbindung gewichteten erforderlichen stabilen Refinanzierung an. Dauerhaft stabile Finanzierungen sind solche Passiva, die auf Grund von vertraglichen Laufzeiten oder Verhaltensannahmen für ein Jahr oder länger zur Verfügung stehen.

Die 100 %-Quote der LCR lässt für eine Anwendung der von der BaFin erlassenen, bislang noch subsidiär anwendbaren Liquiditätsverordnung (LiqV), die § 11 KWG konkretisierte, keinen Raum mehr. Denn die CRR hat die Parallelität zur LiqV nur bis zu dem Zeitpunkt der 100%-Geltung der LCR gestattet. Lediglich für Nicht-CRR-Insitute (z.B. Bürgschaftsbanken) gilt die LiqV weiter.

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