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Sitzverteilung im Rahmen von Betriebsratswahlen

Das BAG hat mit Beschluss vom 22.11.2017 (7 ABR 35/16) entschieden, dass die Anordnung des d´Hondtschen Höchstzahlverfahrens zur Verteilung der Betriebsratssitze bei der Betriebsratswahl in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 WO BetrVG verfassungsgemäß ist. Das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren verletzt weder den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl noch die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit.

Sachverhalt

Im Betrieb der Arbeitgeberin fand im Mai 2014 eine Betriebsratswahl statt, bei der ein aus 17 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt wurde. Die Liste V erhielt 557 Stimmen, die Liste D 306 Stimmen und die Liste H 279 Stimmen. Die Sitzverteilung erfolgte nach dem d´Hondtschen Höchstzahlverfahren. Danach entfielen auf die Liste V neun Sitze und auf die Listen D und H jeweils vier Sitze. Die antragstellenden Arbeitnehmer haben die Wahl angefochten. Sie sind der Auffassung, das in der Wahlordnung vorgesehene d´Hondtsche Höchstzahlverfahren sei verfassungswidrig, da es kleinere Gruppierungen benachteilige. Bei einer Verteilung der Sitze nach dem Verfahren Hare/Niemeyer oder dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers wären auf die Liste D fünf Sitze und die Liste V acht Sitze entfallen.

Entscheidungsgründe

Nachdem schon das Arbeitsgericht den Antrag abgewiesen, und sich das LAG dieser Entscheidung angeschlossen hatte, blieb der Antrag der Arbeitnehmer auch beim BAG ohne Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die in § 15 Abs. 1 und 2 WO BetrVG vorgesehene Sitzverteilung nach dem d´Hondtschen Höchstzahlverfahren verfassungsgemäß sei. Bei der Umrechnung von Wählerstimmen in Betriebsratssitze ließe sich bei der Verhältniswahl eine vollständige Gleichheit des Erfolgswertes einer Wählerstimme mit keinem der gängigen Sitzzuteilungsverfahren erreichen, da nur ganze Sitze verteilt werden können. Daher habe der Verordnungsgeber einen Gestaltungsspielraum bei der Auswahl des Sitzzuteilungsverfahrens. Das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren fördere zudem die Mehrheitssicherung und diene damit einem anzuerkennenden Ziel.

Hinweise für die Praxis

Der Beschluss des BAG ist vor dem Hintergrund, dass in deutschen Betrieben im Zeitraum vom 01.03.2018 bis 31.05.2018 die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden, von hoher praktischer Bedeutung. Das BAG hat klargestellt, dass das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren bei der Betriebsratswahl weiter maßgeblich bleibt. Bereits das LAG Sachsen-Anhalt als Vorinstanz hatte mit Beschluss vom 05.04.2016 – 6 TaBV 19/15 ausgeführt, dass der Verordnungsgeber nicht gehalten wäre, das Verfahren nach Hare/Niemeyer oder Sainte-Lague/Schepers vorzunehmen. Das Verfahren nach d´Hondt führe zwar zu einer stärkeren Benachteiligung von Gruppen mit einem geringen Stimmanteil bei der Sitzverteilung, jedoch seien die Auswirkungen nicht derart schwerwiegend, dass die Auswahl dieses Auszählungsverfahrens per se mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar sei. Die Vorschrift des § 15 BetrVG zeige, dass die Struktur des Betriebsrates nicht darauf ausgelegt sei, die Belegschaft „streng“ nach der Belegschaft zu repräsentieren, sondern dass sich die Belegschaft im Betriebsrat lediglich wiederfinden müsse.

Die Rechtsprechung lässt damit einmal mehr erkennen, dass sich Betriebsratswahlen in vielen Bereichen als äußerst komplex darstellen. Auch bei den künftigen Betriebsratswahlen müssen Betriebsräte daher mit einigen Wahlanfechtungen rechnen.

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