Eine Klausel über die Erstattung von Fort-/Ausbildungskosten ist unwirksam, wenn die entstehenden Kosten nicht wenigstens dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren angegeben sind (BAG 21.08.2012 - 3 AZR 698/10).

Kontext


In den vergangenen Jahren hatte das BAG mehrfach Gelegenheit, zur Zulässigkeit von Rückzahlungsvereinbarungen Stellung zu nehmen. Die Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung setzt danach voraus, dass der Arbeitnehmer durch die Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt; er muss die erworbenen Kenntnisse auch außerhalb des Betriebes verwerten können (BAG, 14.01.2009, 3 AZR 900/07). Zudem muss die Dauer der Fortbildung und der Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer durch die Vereinbarung an den Arbeitgeber gebunden wird, in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (zu den zulässigen Bindungszeiträumen im Einzelnen vgl. BAG 14.01.2009, 3 AZR 900/07). Schließlich darf die Rückzahlungsverpflichtung nur durch Beendigungstatbestände ausgelöst werden, die der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen sind (BAG 11.04.2006, 9 AZR 610/05).

Entscheidung des BAG vom 21.08.2012

Bislang hatte das BAG nicht darüber entschieden, ob eine Fortbildungsvereinbarung angesichts des Transparenzgebots des § 307 BGB auch konkrete Angaben über den Umfang und die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung enthalten muss (BAG, 15.09.2009, 3 AZR 173/08); auch hierauf geht das BAG in der neuen Entscheidung vom 21.08.2012 ein:

Ein Arbeitgeber hatte mit einem Arbeitnehmer eine „Fortbildungsvereinbarung" geschlossen, die eine Rückzahlungsklausel enthielt, auszugsweise wie folgt:

„In diesem Fall beziffert das Ingenieurbüro die angefallenen Ausbildungskosten entsprechend der erfolgten Leistungen und ggf. nach billigem Ermessen. Hierzu gehören in jedem Fall die Lehrgangskosten (...), die Fahrzeugkosten, die Übernachtungskosten sowie die Kosten im Zusammenhang mit der praktischen Ausbildung (...)".

Der Arbeitnehmer brach die Ausbildung ab, der Arbeitgeber verlangte Erstattung der angefallenen Kosten. Klage, Berufung und Revision des Arbeitgebers blieben ohne Erfolg.

Das BAG entschied, dass die Rückzahlungsklausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB verstößt. Sie lasse nicht erkennen, welche finanziellen Belastungen auf den Arbeitnehmer zukommen und stelle daher eine unangemessene Benachteiligung dar. Eine Klausel müsse im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletze das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthalte und Spielräume eröffne. Der Vertragspartner müsse bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt". Allerdings dürfe das Transparenzgebot den Verwender nicht überfordern. Die Verpflichtung zur klaren Formulierung bestehe nur im Rahmen des Möglichen. Deshalb sei der Verwender nicht verpflichtet, die Kosten exakt der Höhe nach zu beziffern. Die Angaben müssten aber so beschaffen sein, dass der Vertragspartner sein Rückzahlungsrisiko abschätzen könne. Dazu seien zumindest Art und Berechnungsgrundlage anzugeben. D.h. die genaue Bezeichnung der Positionen (wie etwa Lehrgangsgebühr, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten) sei ebenso erforderlich wie die Parameter nach denen die einzelnen Positionen berechnet werden sollen (z.B. Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten). Ohne diese Angaben sei eine Einschätzung des Risikos nicht möglich. Die verwendete Klausel genügte nach Ansicht des BAG diesen Anforderungen nicht und war damit unwirksam.

Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel prüfte das BAG weiter, ob sich eine Rückzahlungspflicht aus gesetzlichen Vorschriften oder richterrechtlichen Rechtsgrundsätzen ergeben kann, die anstelle der unwirksamen Regelung zur Anwendung kommen. Das BAG verneinte dies aber, lehnte zudem auch eine ergänzende Vertragsauslegung ab, da eine solche die gesetzliche Wertung des § 307 BGB unterlaufe. Zudem hätte es der Arbeitgeber in der Hand gehabt, eine transparente Klausel ohne ungerechtfertigte Wertungsspielräume zu verwenden.

Nach Ansicht des BAG könne der Anspruch auf Rückzahlung aber auch nicht auf andere Anspruchsgrundlagen gestützt werden, z.B. auf eine ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB). Es bestehe vielmehr ein Rechtsgrund für die Übernahme der Lehrgangskosten durch den Arbeitnehmer, nämlich die Fortbildungsvereinbarung, die trotz der Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel im Übrigen weiterhin wirksam sei.

Praxishinweis

Mit der neuen Entscheidung stellt das BAG weitere hohe Anforderungen an die Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung: Es fordert nunmehr auch klare Angaben im Rahmen des Möglichen. Rückzahlungsvereinbarungen sollten deshalb für den konkreten Einzelfall geschlossen und so klar wie möglich gestaltet werden. Da eine geltungserhaltende Reduktion auf das noch zulässige Maß im Falle der Unwirksamkeit einer Klausel grundsätzlich nicht in Betracht kommt, sollten Klauseln auch insoweit zurückhaltend formuliert werden. Wird z.B. eine zu lange Bindungszeit vereinbart, kann die Klausel alleine aus diesem Grund unwirksam sein.

Dr. Stefan Daub, Stephanie Krüger

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