Mit 1 ½-jähriger Verspätung hat die EU-Kommission am 27. August 2012 die häufig gestellten Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kraftfahrzeugsektor veröffentlicht.

Wirklich überraschende Antworten sind darin nicht enthalten, zumal sämtliche offenen Fragen im Hinblick auf den Fahrzeugvertrieb von der Kommission nicht gestellt und demgemäß nicht beantwortet wurden. Die Stellungnahme der Kommission betrifft vielmehr ausschließlich den After-Sales-Bereich und insbesondere Fragen, inwieweit Kundendienst- und Ersatzteilbeschränkungen bezogen auf freie Werkstätten zulässig sind oder nicht.

Davon unabhängig bejaht die Kommission - erstmals - bei autorisierten Werkstätten eine Trennung im Lager bei Ersatzteilen hinsichtlich eigener und anderer Marken, wobei allerdings nicht in unangemessener Weise die Lagerbestandskontrolle erschwert oder mehr Lagerraum erforderlich gemacht werden darf oder der Zugang derart erschwert wird, dass Werkstätten davon abgebracht werden, Ersatzteile anderer Marken zu führen. Wann eine solche Erschwernis vorliegt, bleibt aber völlig offen.

Von erheblicher Bedeutung ist jedoch die Antwort der Kommission auf die Frage, ob ein Hersteller den Zugang zu seinem Netz zugelassener Werkstätten verweigern dürfe, weil die Werkstatt bereits für die Reparatur von Werkzeugen der Marke eines konkurrierenden Kraftfahrzeuganbieters zugelassen sei. Die Kommission weist darauf hin, dass Instandsetzungsarbeiten für eine bestimmte Marke in der Regel ein „nicht qualitatives Kriterium" seien, so dass der Hersteller mit dieser Begründung die Zulassung nicht versagen dürfe. Die Antwort macht im Übrigen deutlich, dass die Kommission - anders als einige deutsche Gerichte - von einem Anspruch der interessierten Werkstatt auf Zulassung weiterhin ausgeht.

Insgesamt fällt auf, dass sich die EU-Kommission - anders als früher - möglichst vage ausdrückt und es daher umso verwunderlicher ist, warum die EU-Kommission für dieses recht dünne Papier 1 ½ Jahre gebraucht hat.

Prof. Dr. Christian F. Genzow

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