Neues bei FGvW

In den derzeit stockenden Verhandlungen im Vermittlungsausschuss soll angeblich über die Einführung eines „Mindestlohnes im Bereich der Zeitarbeit" gesprochen werden. Die Einführung eines Mindestlohnes entspricht indes nicht dem, was im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 31.12.2010 sowie in der Stellungnahme des Bundesrates dazu vom 11.02.2011 niedergelegt ist.

Nach dem Regierungsentwurf soll künftig nicht nur die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, sondern jede Arbeitnehmerüberlassung „im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit" erlaubnispflichtig werden. Weiter kommt hinzu, dass in Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie in den Gesetzestext eingefügt werden soll, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher nur vorübergehend erfolgt. Die Erlaubnisfreiheit der Arbeitnehmerüberlassung im Konzern, die bisher galt, soll dadurch eingeschränkt werden, dass die Überlassung zwischen Arbeitgebern nur noch gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt oder beschäftigt wird. Erhalten bleiben soll dagegen die bisherige Regelung, dass das Gebot des „equal pay and equal treatment" also die Verpflichtung des Verleihers, seinen Leiharbeitskräften dieselben Arbeitskonditionen und insbesondere dieselbe Vergütung zukommen zu lassen, wie den beim Entleiher beschäftigten Stammarbeitnehmern, durch einen abweichenden Tarifvertrag oder dessen einzelvertragliche Inbezugnahme ausgeschlossen werden kann. Dies soll lediglich zur Vermeidung des sog. „Drehtüreffekts" nicht für Arbeitnehmer gelten, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetztes bildet, ausgeschieden sind. Materiellrechtlich soll das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ergänzt werden um eine Informationspflicht des Entleihers über freie Arbeitsplätze gegenüber den Leiharbeitnehmern sowie um die Verpflichtung des Entleihers, den Leiharbeitnehmern Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder Gemeinschaftsdiensten im Unternehmen unter und zu den gleichen Bedingungen zu gewähren, wie sie vergleichbare „eigene Arbeitnehmer" des Entleihers haben.

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme dazu im wesentlichen nur technische Änderungsvorschläge unterbreitet, inhaltlich lediglich empfohlen, bei der Änderung der Erlaubnispflicht weg von der bisherigen „Gewerbsmäßigkeit" hin zur beabsichtigten „wirtschaftlichen Tätigkeit" gemeinnützige Integrationsprojekte und gemeinnützige Werkstätten für behinderte Menschen, in denen verbreitet Überlassungen vorkommen, generell vom Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auszunehmen.

Würden die im Regierungsentwurf sowie der Stellungnahme des Bundesrates dazu vorgeschlagenen Änderungen Gesetz, hätte dies für Verleiher und Entleiher weitreichende Auswirkungen. Konzerninterne Verleihgesellschaften mit dem Ziel der Kostensenkung bzw. Kosteneinsparung wären damit „faktisch tot". Auch die konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung „zu Selbstkosten", wäre deutlich erschwert, da dafür zukünftig eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis erforderlich wäre, wenn die Überlassung nicht nur gelegentlich erfolgt.

Die weitestgehende Einschränkung dürfte allerdings darin liegen, dass - wie in der Vergangenheit vor den grundlegenden Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - wieder zu dem Rechtsstand zurückgekehrt würde, dass erlaubnisfähige Arbeitnehmerüberlassung nur vorübergehend erfolgen kann. Der längerfristige Einsatz eines Mitarbeiters als Leiharbeitnehmer, der sich im Entleihbetrieb bewährt hat, wird dadurch unmöglich. Ob damit die vorgebliche Zielsetzung der Überführung von Leiharbeitsverhältnissen in Direktarbeitsverhältnisse erreicht werden kann, darf insbesondere bei einfacheren Tätigkeiten füglich bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist es, dass die Praxis darauf mit rollierenden Einsatzsystemen reagieren wird.

Angesichts dieser vielschichtigen und in den letzten Konsequenz nicht abschließend zu überblickenden Folgen der vorliegenden Entwürfe zur Neuregelung schiene die bloße Einführung eines „Mindestlohnes in der Zeitarbeit" so wie in den Medien jetzt verlautbart, wohl die sinnvollere Lösung zu sein. Die im vorliegenden Entwurf statt dessen enthaltenen Regelungsvorschläge werden voraussichtlich nicht zu einer wirtschaftlichen Besserstellung der Leiharbeitnehmer führen, statt dessen die technische und organisatorische Abwicklung der Leih- oder Zeitarbeit als einem zwischenzeitlich als sinnvoll und notwendig anerkannten Element der Beschäftigung beeinträchtigen.

Dr. Christoph Fingerle

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