Jeder Hersteller hat ein legitimes Interesse daran, dass die von ihm eingesetzten Handelsvertreter und Vertragshändler sich engagiert um den Vertrieb der Vertragsprodukte kümmern und die ihnen vertraglich auferlegten Pflichten erfüllen. Um sich davon zu überzeugen, führen viele Hersteller bei ihren Handelsvertretern und Händlern regelmäßige Revisionen und Audits durch. Das gilt insb. im Bereich des Kfz-Vertriebs.

Die Audits der Hersteller betreffen etwa die abgerechneten Verkaufsförderungsmaßnahmen, Boni, Garantie- und Gewährleistungsansprüche. Schon längere Zeit wird von den Händlern und ihren Verbänden das Verhalten der Hersteller bei der Durchführung dieser Revisionen oder Audits sehr kritisch beäugt. Dies liegt vor allem darin begründet, dass die Hersteller sofort mit der fristlosen Kündigung drohen, wenn nicht bei derartigen Revisionen Unterlagen in dem Umfange vorgelegt werden, wie der Hersteller es als „notwendig" ansieht. Insbesondere wird dabei regelmäßig die Vorlage der vollständigen Kundenakte verlangt und auch die Vorlage von Kaufverträgen mit Dritten einschließlich aller Konditionen wie Verkaufspreise etc.

Rechtlich ist dies indes höchst problematisch, vor allem aus datenschutzrechtlichen Gründen: Die Weitergabe von Kundendaten bedarf immer der Zustimmung des Kunden. Diese ist aber keinesfalls immer gegeben und schon gar nicht bei einem Kunden, der beispielsweise ein gebrauchtes Fahrzeug vom Händler gekauft hat. Aber auch die Vorlage dieser Unterlagen wird vom Hersteller bei der Revision erwartet. Damit läuft der Händler Gefahr, wegen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz (BDSG) ein empfindliches Bußgeld zahlen zu müssen. Folglich ist die Forderung auf Einsicht in die Unterlagen keineswegs immer gerechtfertigt.

Aber auch kartellrechtlich ist das Verhalten vielfach zu beanstanden: Denn kein Hersteller hat Anspruch darauf, in Unterlagen Einblick zu nehmen, die ggf. ein anderes Fabrikat betreffen. Der Anspruch des einzelnen Herstellers auf „ungehinderte Prüfung der Bücher und Geschäftsunterlagen" kann dies aber durchaus umfassen - mit der Folge eines Kartellverstoßes.

Dass diese „gängige" Praxis der Hersteller rechtlich zu beanstanden ist, hat neuerdings auch das Landgericht Stuttgart in einer Entscheidung vom 7. Dezember 2011 bestätigt. Weitere Urteile werden nicht ausbleiben, wenn die Hersteller nicht umgehend eine Korrektur ihrer Vertragsklauseln und - vor allem - ihrer Prüfungspraxis vornehmen. Das aber zeichnet sich bisher nicht ab.

Prof. Dr. Christian Genzow

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