Die Kündigung eines Vertragshändlervertrages aus wichtigem Grund muss nicht wie bei einem Arbeitsverhältnis innerhalb einer 2-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt werden. Vielmehr ist dem zur Kündigung Berechtigten eine angemessene Überlegungszeit zuzugestehen, wobei eine Frist von zwei Monaten in der Regel nicht mehr als angemessene Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Überlegung der hieraus zu ziehenden Folgerungen angesehen werden kann. Denn ein längeres Zuwarten deutet darauf hin, dass der Kündigende das beanstandete Ereignis selbst nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem anderen Teil bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre.

Diese bisher geltende und seit 2001 auch in § 314 Abs. 3 BGB niedergelegte Grundsatz ist vom BGH durch die Entscheidung vom 29.06.2011 verschoben worden, wenn es um die „Dauerhaftigkeit einer Pflichtverletzung" geht: Ein Motorradhändler hatte trotz vertraglichem Wettbewerbsverbot und trotz ausdrücklicher Ablehnung der Genehmigung ein weiteres Fabrikat aufgenommen. Nachdem der Hersteller im Juni den Vertrieb der Fremdmarke festgestellt hatte, mahnte er den Motorradhändler am 21. September mit Fristsetzung zum 28. September ab verbunden mit der Aufforderung, den Vertrieb der Fremdfahrzeuge einzustellen und kündigte sodann am 4. Oktober fristlos. Der BGH ist der Auffassung, dass ein dauerhaftes vertragswidriges Verhalten eines Händlers durch Zuwarten des Herstellers nicht zu einem vertragsgemäßen Verhalten wird. Der Hersteller bleibe deshalb während der gesamten Dauer der Vertragsverletzung berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen und eine gleichwohl erfolgende Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung des Vertragshändlervertrages zu nehmen.

Anders als bisher seien daher die Parteien eines Vertragshändlervertrages während des gesamten Verlaufes einer vertragswidrigen Verhaltensweise zur Abmahnung und sodann zur fristlosen Kündigung berechtigt. Dieses Recht muss nicht schon beim ersten Bekanntwerden der Vertragsverletzung ausgeübt werden.

Prof. Dr. Christian Genzow

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