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Medizinprodukterecht: Stehen Änderungen der MDR an?

Rufe aus Politik und Wirtschaft nach einer weiteren Anpassung der MDR werden immer lauter, weshalb wir im Folgenden die aktuelle Diskussion zusammenfassend darstellen möchten.

Ein kurzer Überblick über aktuelle Entwicklungen

Die seit Mai 2021 geltende Medizinprodukteverordnung (MDR) stellt die MedTech-Branche weiterhin vor große Umsetzungsprobleme. Aus einer aktuellen Umfrage geht u.a. hervor, dass die gestiegenen regulatorischen Anforderungen zu erheblichen Kosten- und Bürokratiebelastungen, Innovationsverlust sowie verlängerten Zulassungsverfahren führen.

Zuletzt wurde die MDR aufgrund der langen (Neu)-Zertifizierungsprozesse durch die am 20. März 2023 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2023/607 u.a. hinsichtlich der Übergangsfristen geändert. Während damals, zumindest kurzfristig, teilweise die Gefahr von Produktionseinstellungen und Lieferengpässen beseitigt schien, wird aufgrund der angespannten Marktlage nun erneut über eine Anpassung der MDR diskutiert.

Am 12. Dezember 2023 hat die Unionsfraktion einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, welcher am 18. Januar 2024 Gegenstand einer Debatte im Bundestag sein wird und anschließend zur weiteren Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen werden soll. Der Antrag beinhaltet im Wesentlichen die Forderung nach Bürokratieabbau, zügigeren Zulassungsverfahren, Versorgungssicherheit und Stärkung des Innovations- und Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Doch die Umsetzung von Änderungen der MDR kann nicht auf Bundesebene erfolgen. Hierfür kommt es auf die EU-Organe an. Doch Bewegung gibt es nun auch auf EU-Ebene. Am 10 Januar 2024 haben die deutschen Europaabgeordneten Dr. Peter Liese und Prof. Angelika Niebel der EVP-Fraktion einen 10-Punkte-Forderungskatalog zur Änderung der MDR vorgelegt. Der Vorschlag überschneidet sich weitgehend mit dem Antrag der Union in Deutschland.

Im Wesentlichen beinhaltet der Forderungskatalog die folgenden Punkte:

  • Beibehaltung der aktuellen Sicherheits- und Qualitätsstandards
  • Sonderregeln für Nischenprodukte (bspw. Orphan-Device Regulierung analog)
  • Beschleunigte Zulassungsverfahren für bahnbrechende Produkte („Fast-Track“-Prozess)
  • Systematische Überarbeitung der MDR und IVDR-Regulierung zum Bürokratieabbau
  • Abschaffung der 5-jährigen Rezertifizierung für Produkte mit geringerem Risiko
  • Vorzeitige Evaluierung der MDR im Jahr 2025
  • Überarbeitung der Qualifikationskriterien für die Verantwortliche Person
  • Stärkung der Kapazitäten der Benannten Stellen und Beschleunigung der Verfahren
  • Förderung eines effektiven Governance-Systems
  • Erneute Verschiebung der Übergangsfrist

Ausblick

Angesichts der zunehmenden Kritik aus der MedTech-Branche, der aktuellen Diskussion im Deutschen Bundestag und auf EU-Ebene, ist eine erneute Änderung der MDR nicht auszuschließen. Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, sollten die aktuellen Entwicklungen daher im Auge behalten, um rechtzeitig auf etwaige gesetzliche Änderungen reagieren zu können.

 

Update

Die für den 18. Januar 2024 geplante Debatte über den Antrag der Unionsfraktion wurde von der Tagesordnung des Bundestages abgesetzt. Grund dafür sind wohl die jüngsten Entwicklungen auf EU-Ebene. Am 23. Januar 2024 kündigte die EU-Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag zur dritten MDR/IVDR-Änderung an. Dieser soll die Versorgungssicherheit verbessern und beinhaltet im Wesentlichen die folgenden Punkte:

  • Herstellern von In-vitro-Diagnostika soll unter bestimmten Bedingungen mehr Zeit eingeräumt werden, um die neuen Anforderungen der Verordnung über In-vitro-Diagnostik (IVD-VO) zu erfüllen.
  • Die schrittweise Einführung der Europäischen Datenbank über Medizinprodukte (EUDAMED) soll beschleunigt werden.

Die Einführung einer Meldepflicht über mögliche Versorgungsengpässe von In-vitro-Diagnostika oder Medizinprodukten für Hersteller soll zu einer besseren Planbarkeit und Risikoabschätzung der Behörden und Gesundheitseinrichtungen führen.

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