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Ausschließung eines Gesellschafters einer Zwei-Personen-GmbH

Auch ohne Satzungsregelung kann ein Gesellschafter aus wichtigem Grund aus einer Zwei-Personen-GmbH ausgeschlossen werden – und zwar unabhängig davon, ob die Abfindung gezahlt ist. Dies entschied der BGH.

Sachverhalt

An einer GmbH waren zwei Gesellschafter – jeweils zu 50 % – beteiligt. In der Satzung der GmbH gab es keine Regelungen zum Ausschluss eines Gesellschafters oder zur Einziehung von Geschäftsanteilen. Als es zwischen den Gesellschaftern zum Streit kam, erhob einer der Gesellschafter Klage beim Landgericht. Er beantragte die Ausschließung des anderen Gesellschafters aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund; in Vollzug der Ausschließung sollte der Geschäftsanteil des anderen Gesellschafters eingezogen oder zwangsweise abgetreten werden. Nachdem das die Klage abgewiesen und das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen hatten, entschied der BGH über den Fall.

Das Urteil des BGH vom 11.07.2023 (Az. II ZR 116/21)

Der BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der BGH nahm dabei zu prozessualen Punkten – namentlich der Klagebefugnis in einer Zwei-Personen-GmbH – und zu materiellen Punkten – nämlich der Frage, ob die Zahlung einer Abfindung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Ausschließung ist – Stellung. Er stellte klar: Jeder Gesellschafter einer Zwei-Personen-GmbH kann unter den Voraussetzungen der „actio pro socio“ eine Ausschließungsklage gegen den anderen Gesellschafter erheben; das gelte auch, wenn die Satzung keine Regelungen zur Ausschließung von Gesellschaftern oder der Einziehung ihrer Geschäftsanteile enthalte. Die Wirksamkeit der Ausschließung sei dabei nicht von der Zahlung der Abfindung abhängig, sondern sie werde bereits mit Rechtskraft des Urteils wirksam.

Praxishinweis

Das Urteil des BGH ruft in Erinnerung, welche prozessualen und materiellen Hürden bei der Ausschließung von Gesellschaftern aus einer GmbH gelten, und zwar besonders in der besonderen Konstellation einer Zwei-Personen-GmbH. Es zeigt damit zugleich, wie umfassend und sinnvoll die Gestaltungsmöglichkeiten (v.a. durch Satzungsregelungen) sind. 

Im Ausgangspunkt gilt: Ein GmbH-Gesellschafter kann nicht „einfach so“ aus der Gesellschaft hinausgeworfen werden. Vielmehr ist eine Ausschließung gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters nur aus wichtigem Grund, der in der Person oder dem Verhalten des Gesellschafters (z.B. einer groben Pflichtverletzung oder dauernden Suchterkrankung) oder in sonstigen Umständen (z.B. einer Zwangsvollstreckung in die betroffenen Anteile), möglich.

Grundsätzlich muss für den Ausschluss eine gerichtliche Ausschließungsklage der Gesellschaft – vertreten durch ihre Geschäftsführung – auf Grundlage eines vorangegangenen Gesellschafterbeschlusses mit einer 75 %-Mehrheit geführt werden. Ein solches Verfahren ist umständlich, weshalb Satzungen von GmbHs in der Praxis regelmäßig abweichende Regelungen enthalten. Üblich ist es, die Ausschließungsklage abzubedingen und einen Gesellschafterbeschluss, ggf. auch mit einer geringeren Mehrheit, für den Ausschluss ausreichen zu lassen. Mit oder nach dem Ausschluss ist dann zu entscheiden, was mit den Geschäftsanteilen des betroffenen Gesellschafters geschieht: Sie können eingezogen oder zwangsweise an einen anderen Gesellschafter, einen Dritten oder sogar die GmbH selbst abgetreten werden (siehe auch hier).

In Zwei-Personen-GmbHs ist die Situation noch etwas komplizierter. Denn: Wenn es nur zwei Gesellschafter gibt, versuchen sie sich nicht nur, gegenseitig aus der Gesellschaft auszuschließen, sondern auch das mehrstufige Vorgehen – zunächst die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung und dann eine Klage durch die Gesellschaft – ist unnötig kompliziert. Der BGH greift diesen Punkt deswegen zu Recht auf und macht deutlich: Bei Zwei-Personen-Konstellationen ist kein vorheriger Gesellschafterbeschluss für den Ausschluss erforderlich. Außerdem kann die Ausschlussklage von einem Gesellschafter selbst erhoben werden (und nicht nur durch die von den Geschäftsführern vertretene Gesellschaft).

Dem ausgeschlossenen Gesellschafter steht eine Abfindung zu, auch wenn hierzu nichts in der Satzung geregelt ist. Sie bemisst sich – wenn die Satzung nichts anderes regelt – nach dem Verkehrswert des Geschäftsanteils. Wie der BGH nun entschieden hat, ist der Ausschluss des Gesellschafters mit der Rechtskraft des Urteils wirksam und nicht erst mit der Zahlung der Abfindung. Das führt dazu, dass der ausgeschlossene Gesellschafter seine Abfindung ggf. separat geltend machen und einklagen muss.

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