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Reichweite der Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts des Geschäftsführers einer GmbH & Co. KG 

Schließt der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH mit der KG ein Geschäft ab und handelt er hierbei sowohl als Vertreter der KG als auch für sich in eigenem Namen, bedarf es für die Wirksamkeit des Geschäfts einer gesonderten Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB. Eine bereits bestehende Befreiung der Komplementär-GmbH als Vertreterin der KG sowie des Geschäftsführers bei der Komplementär-GmbH genügen nicht. Dies hat das OLG Hamm mit Urteil vom 11.01.2024 - 18 U 123/21 - entschieden.

Sachverhalt

Dem Urteil des OLG Hamm liegt folgender (verkürzt dargestellter) Sachverhalt zugrunde: Der Kläger klagte gegen die Beklagte auf Zahlung einer Provision aus einem Maklervertrag. Den Provisionsanspruch hatte der Kläger zuvor an eine GmbH & Co. KG (im Folgenden „KG“) abgetreten und diese hatte den Anspruch später wieder an den Kläger zurückabgetreten. Der Kläger ist Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der KG. Er handelte daher bei den jeweiligen Abtretungen als Vertreter der KG und gleichzeitig für sich selbst (sog. Insichgeschäft). Das OLG hatte nun über die Wirksamkeit der Rückabtretung auf den Kläger zu entscheiden. Das in erster Instanz zuständige Landgericht hielt die Rückabtretung für wirksam und gab der Klage statt. Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Berufung.

Entscheidungsgründe

Das OLG gab der Berufung statt. Die Rückabtretung der Provisionsforderung an den Kläger sei nicht wirksam, da der Kläger nicht vom Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) befreit gewesen sei. Da die Rückabtretung – anders als die zunächst erfolgte Abtretung der Provisionsforderung an die KG – für die KG nicht lediglich rechtlich vorteilhaft gewesen sei, und auch keine gesonderte Befreiung des Geschäftsführers durch den Gesellschaftsvertrag der KG oder durch Beschluss der KG-Gesellschafter vorlag, war die Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts vorliegend erheblich.

Auch gelte das Verbot des Insichgeschäfts für den hier vorliegenden Fall, dass der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ein Rechtsgeschäft mit der KG abschließe, indem er zugleich für sich selbst und als Vertreter der KG handele. Zudem ergebe sich die erforderliche Befreiung des Geschäftsführers auch weder aus der bei der KG erfolgten Befreiung der Komplementär-GmbH von den Beschränkungen des § 181 BGB noch aus der bei der Komplementär-GmbH für den Kläger bestehenden Befreiung. Denn zum einen schließe die Befreiung der Komplementär-GmbH keine Befreiung auch ihres Geschäftsführers mit ein. Und zum anderen sei die Befreiung bei der Komplementär-GmbH nicht für die KG erfolgt, da die GmbH diese Erklärung nur für sich selbst gegenüber ihrem Geschäftsführer abgegeben habe und nicht auch für die KG. Die Rechtsverhältnisse seien insoweit strikt zu trennen. Auch rechtfertige das Aufeinandertreffen der beiden Befreiungen (der Komplementär-GmbH zugunsten ihres Geschäftsführers sowie der KG zugunsten der Komplementär-GmbH) keine andere Beurteilung.

Praxishinweis

Eine GmbH & Co. KG wird durch die Komplementär-GmbH, und diese wiederum durch ihren Geschäftsführer vertreten. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH handelt damit nicht nur für die GmbH selbst, sondern mittelbar auch als Vertreter für die KG. Werden – wie es in der Praxis häufig der Fall ist – Geschäfte zwischen der KG und ihrer Komplementär GmbH abgeschlossen, sind Konflikte mit dem in § 181 BGB geregelten Verbot des Insichgeschäfts vorprogrammiert. Häufig werden Geschäftsführer in dieser Konstellation deshalb durch Gesellschafterbeschluss von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Das OLG Hamm fordert in diesem Zusammenhang, dass diese Befreiung hinreichend konkretisiert sein muss und insbesondere die verschiedenen Rechtsverhältnisse getrennt voneinander betrachtet werden müssen. Es müsse eindeutig sein, auf welches Verhältnis sich die Befreiung bezieht und es bedürfe für alle Rechtsverhältnisse – soweit dies von den Gesellschaftern gewollt ist – einer gesonderten Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts: im Verhältnis zwischen der KG und der Komplementär GmbH, zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer sowie zwischen dem Geschäftsführer und der KG. Ob sich die Ansicht des OLG Hamm in der höchstrichterlichen Rechtsprechung durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Vorsorglich sollte die aktuelle Entscheidung bei der Gestaltung der Vertretungsbefugnis innerhalb einer GmbH & Co. KG aber Beachtung finden. Eine entsprechende Befreiung kann zum Beispiel im Gesellschaftsvertrag oder durch gesonderten Beschluss der Gesellschafter erfolgen. Je nach Geschäftsbetrieb der KG und Umfang der internen Rechtsbeziehungen kann dabei eine umfassende Befreiung innerhalb der verschiedenen Rechtsbeziehungen zweckmäßig sein. Da eine solche Befreiung jedoch auch mit Risiken verbunden ist, sollte sie gut überdacht werden.

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