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Arbeitnehmer muss Leasingraten für Dienstrad im Zeitraum ohne Entgeltzahlung tragen

Ein Arbeitnehmer hat monatliche Leasingraten für ein Dienstrad auch während entgeltfreier Beschäftigungszeiten grundsätzlich zu entrichten, wenn auf Wunsch des Arbeitnehmers hin der Arbeitgeber einen Leasingvertrag über das Dienstrad schließt, sich der Arbeitnehmer mit diesem auch verpflichtet, die monatlichen Leasingraten im Rahmen einer Entgeltumwandlung dem Arbeitgeber zu erstatten, und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Dienstrad sodann zur Verfügung stellt. Dies hat das Arbeitsgericht Aachen entschieden (Urteil vom 02.09.2023 – 8 Ca 2199/22).

Sachverhalt

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Arbeitgeber hatte auf Wunsch des später klagenden Arbeitnehmers über zwei Fahrräder Leasingverträge geschlossen, die er dem Arbeitnehmer im Rahmen des sog. „JobRad-Modells“ zur Nutzung überließ. Die Leasingkosten sollte der Arbeitnehmer über eine vereinbarte Entgeltumwandlung tragen.

Der Arbeitnehmer erkrankt in den Jahren 2021 und 2022 arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber wies den Arbeitnehmer bereits Ende 2021 darauf hin, dass er die Leasingrate während des bevorstehenden Krankengeldbezugs selbst zu entrichten hat.

Zwischen Januar und Mai 2022 bezog der Arbeitnehmer Krankengeld. Die Leasingraten zahlte der Arbeitgeber, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber aber nicht erstattete. Daraufhin zog der Arbeitgeber die Kosten für die Leasingraten für Januar bis Mai 2022 i.H.v. insgesamt EUR 807,60 von der Vergütung für August 2022 ab.

Der Arbeitnehmer klagte gegen den Arbeitgeber auf Zahlung der vollen und ungekürzten Vergütung für August 2022. Der Abzug sei nicht gerechtfertigt gewesen, dem Arbeitgeber stehe kein Anspruch gegen ihn zu, er sei deshalb nicht zur Aufrechnung berechtigt gewesen.

Entscheidungsgründe

Das Arbeitsgericht Aachen wies die Klage des Arbeitnehmers ab und erkannte, dass dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Erstattung der Leasingraten nach dem in diesem Fall geschlossenen Vertrag zusteht, mit dem der Arbeitgeber auch aufrechnen durfte.

Die im Vertrag enthaltene Klausel sei nicht überraschend, die Pflicht zur Erstattung sei vielmehr eine „Selbstverständlichkeit“, da der Arbeitnehmer den Arbeitgeber mit der Bestellung eines bestimmten Fahrrads beauftrag worden und die Initiative hierzu vom Arbeitnehmer ausgegangen sei. Das Arbeitsgericht verweist hierzu auch auf die gesetzliche Regelung zur Entgeltumwandung bei einer betrieblichen Altersversorgung gem. § 1a Abs. 4 Satz 1 BetrAVG. Der Gesetzgeber gehe hier selbstverständlich davon aus, dass der Arbeitgeber mit der auf Entgeltumwandlung beruhenden Versorgungsanwartschaft während entgeltfreier Beschäftigungszeiten nichts zu tun habe, die Vorschrift dem Arbeitnehmer nur das Recht einräume, die Anwartschaft durch eigene Beträge weiter anwachsen zu lassen. Der für das Dienstrad geschlossene Nutzungsüberlassungsvertrag regele diese Situation in ähnlicher und zulässiger Weise.

Die im geschlossenen Vertrag enthaltene Regelung benachteilige einen Arbeitnehmer aus Sicht des Arbeitsgerichts Aachen nicht unangemessen gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese weiche nicht von gesetzlichen Vorschriften ab (vgl. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Wenn ein Arbeitgeber in der „Lieferkette“ die Leasingraten unabhängig von der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Situation des Arbeitnehmers weiter an den Leasinggeber entrichten müsse, sei es nicht unbillig, wenn der Arbeitnehmer, der ja weiter den Nutzungsvorteil habe, auch wie bisher die wirtschaftliche Last des Geschäfts tragen müsse.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Aachen ist angesichts des in diesem Fall geschlossenen Vertrages und der hierin auch geregelten Verpflichtung für den Arbeitnehmer, die Leasingraten in Zeiten ohne Vergütung selbst zu tragen, richtig, da die alleinige Initiative für die Anschaffung des Dienstrads vom Arbeitnehmer ausging.

Dies ist ein deutlicher Unterschied zur Dienstwagenüberlassung. In diesen Fällen wird der Dienstwagen regelmäßig auch betrieblich genutzt. Die Überlassung eines Dienstwagens stellt regelmäßig eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung dar, die aber auch in diesem Fall, wenn es nicht anders vereinbart wird, nur so lange geschuldet ist, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt leisten muss (BAG 14.12.2010, 9 AZR 631/09).

Es darf nicht übersehen werden, dass es trotz der vielen überlassenen Diensträder bislang nur wenige Entscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit hierzu gibt. Das Arbeitsgericht Osnabrück hielt in einer Entscheidung von 05.11.2019 (3 Ca 229/19) ein entsprechendes Verlangen eines Arbeitgebers angesichts der in diesem Fall geschlossenen Vereinbarung für nicht begründet.

Es ist deshalb im Einzelfall entscheidend, ob und wie die Pflichten zur Tragung bzw. Erstattung der Leasingraten in Störfällen, wie z.B. einer Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung, in den geschlossenen Verträgen geregelt werden, auch ob die Verträge transparent und nicht widersprüchlich sind. Liegen widersprüchliche oder intransparente Regelung vor, kann dies dazu führen, dass dem Arbeitgeber evtl. deshalb ein „selbstverständlicher“ Anspruch nicht zusteht.

Die Arbeitgeber sollten Arbeitnehmer, wie im entschiedenen Fall geschehen, bereits vor Ablauf der Pflicht zur Entgeltfortzahlung darauf hinweisen, dass sie die Leasingrate erstatten müssen, wenn dies so vereinbart ist. Leasingvertragsunternehmen sollten auch die Entscheidung des Arbeitsgericht Aachen zum Anlass nehmen, ihre Muster-Leasingverträge durchsehen und evtl. zu überarbeiten.

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