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(Kein) Widerspruch zur Gesellschafterliste bei Einziehung von Geschäftsanteilen

Werden Geschäftsanteile an einer GmbH eingezogen, kann dagegen kein Widerspruch in die Gesellschafterliste eingetragen werden. Der betroffene Gesellschafter muss sich auf anderem Wege gegen den Verlust seiner Geschäftsanteile schützen. Das ergibt sich aus einem Beschluss des KG Berlin.

Sachverhalt: Einziehung und Aufstockung von Geschäftsanteilen

Dem Beschluss des KG Berlin liegt folgender Sachverhalt zugrunde: An einer GmbH waren mehrere Gesellschafter beteiligt. Durch Gesellschafterbeschluss wurden die Geschäftsanteile eines Gesellschafters eingezogen. Zugleich wurden die Nennbeträge der verbleibenden Geschäftsanteile so aufgestockt, dass sie in Summe weiterhin dem Betrag des Stammkapitals entsprachen.

Gegen diesen Entzug seiner Geschäftsanteile klagte der betroffene Gesellschafter beim Landgericht Berlin. Er beantragte, dass in der Gesellschafterliste ein Widerspruch gegen die Einziehung vermerkt werden sollte. Das Gericht gab ihm jedoch nicht recht; das Kammergericht Berlin folgte dem in der darauffolgenden Berufungsinstanz.

Der Beschluss des KG Berlin vom 07.09.2023 (Az. 23 U 41/23)

Das KG Berlin wies die Berufung des betroffenen Gesellschafters zurück. Schon vorher, am 28.06.2023, hatte es in einem Hinweisbeschluss deutlich gemacht, dass es die Eintragung eines Widerspruchs in die Gesellschafterliste im vorliegenden Fall für nicht zulässig hielt.

Das Gericht begründete das mit dem Sinn und Zweck des Widerspruchs zur Gesellschafterliste. Ein Widerspruch zur Gesellschafterliste diene dazu, einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen zu verhindern. Die Gefahr bestehe bei der Einziehung von Geschäftsanteilen aber gerade nicht; sie würden aus der Gesellschafterliste gelöscht und daher gebe es – mangels in der Gesellschafterliste ausgewiesener Anteile – keinen Anknüpfungspunkt für einen gutgläubigen Erwerb.

Praxishinweis: Schnelles Handeln bei Einziehung von Geschäftsanteilen

Das Urteil des KG Berlin ruft – wie viele Urteile zuvor, z.B. hier und hier – in Erinnerung: Gegen die Einziehung von Geschäftsanteilen ist schnelles Handeln geboten. Denn: Als Gesellschafter einer GmbH gilt nur, wer in der Gesellschafterliste steht. Wer aus der Gesellschafterliste gestrichen wird, kann bis auf Weiteres seine Gesellschafterrechte nicht ausüben – und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob die Einziehung seiner Anteile berechtigt oder unberechtigt war.

Wollen betroffene Gesellschafter ihre Rechte wahren, müssen sie deswegen häufig im einstweiligen Rechtsschutz vorgehen. Die Erhebung einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage in der Hauptsache ist zwar möglich, eine Entscheidung hierüber ist aber häufig erst nach mehreren Monaten, mitunter erst nach Jahren zu erwarten. Bis dahin werden sie so behandelt, als wären sie nicht Gesellschafter (sogenannte Legitimationswirkung der Gesellschafterliste).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung schützt vor diesem Hintergrund die Interessen des betroffenen Gesellschafters schneller. Die einstweilige Verfügung kann die Hinterlegung einer unrichtigen Gesellschafterliste vermeiden oder jedenfalls eine zeitnahe Korrektur der Gesellschafterliste erreichen. Daneben kann der unrichtigen Gesellschafterliste (ebenfalls im Wege einstweiligen Rechtsschutzes) ein Widerspruch nach § 16 Abs. 3 GmbHG zugeordnet werden, um den gutgläubigen Anteilserwerb durch Dritte zu verhindern.

Ein Selbstläufer sind Anträge im einstweiligen Rechtsschutz nicht. Um beispielsweise eine einstweilige Verfügung zu erwirken, muss der Gesellschafter überzeugend darlegen, dass der angegriffene Beschluss unwirksam ist (sog. Verfügungsanspruch) und eine dringende Eilbedürftigkeit besteht (sog. Verfügungsgrund). Eine sorgfältige Vorbereitung der Anträge ist deswegen sinnvoll. Bei aller gebotenen Eile muss der betroffene Gesellschafter zudem  darauf achten, das richtige Mittel zur Erreichung seines Ziels zu wählen. Auch das ist eine Lehre aus der Entscheidung des KG Berlin.

Aus Sicht des Erwerbers – auch darauf verwies das KG Berlin – kann eine unrichtige Gesellschafterliste nach einer unwirksamen Einziehung übrigens durchaus unschöne Folgen haben. Zwar kann er gutgläubig die aufgestockten Geschäftsanteile erwerben – stellt sich die Einziehung aber später als unwirksam heraus, sieht er sich aber vielleicht einem ihm bis dahin nicht bekannten (und nicht erwünschten) „wiederauferstandenen“ Mitgesellschafter gegenüber. Umso wichtiger ist aus Sicht des Erwerbers eine sorgfältige Due Diligence im Vorfeld eines Anteilserwerbs, die schon mit dem Blick ins Handelsregister, in der geänderte Gesellschafterlisten mit Veränderungsspalten hinterlegt werden, und ggf. einer Nachfrage bei der Gesellschaft beginnen.

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