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Noch kein grünes Licht aus der EU für die Lieferkettenrichtlinie

Eigentlich sollte am 28. Februar 2024 über die geplante EU-Lieferkettenrichtlinie (auch als „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“, (CSDDD) bekannt) abgestimmt werden. Da aber bereits zuvor bekannt wurde, dass die erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden wäre, wurde die Abstimmung über die Lieferkettenrichtlinie wieder vertagt.

Bereits am 9. Februar 2024 musste die Abstimmung aus gleichem Grund verschoben werden.

Die fehlende Mehrheit kommt überraschend. Mitte Dezember 2023 hatten sich die Unterhändler des Europäischen Parlaments und des Rats der EU noch auf eine vorläufige Einigung bzgl. der EU-Lieferkettenrichtlinie (im Folgenden: „Richtlinie“) verständigen können. Die Zustimmung durch das EU-Parlament und den EU-Rat galt als Formalie. Ein neuer Abstimmungstermin steht bislang nicht fest.

1. Gründe für die fehlende Mehrheit

Die Zustimmung scheiterte auch an der angekündigten Enthaltung Deutschlands. Dahinter stehen Bedenken der FDP. So wird befürchtet, dass sich Unternehmen aufgrund der Anforderungen sowie etwaiger Standortnachteile aus der EU zurückziehen könnten.

Die Richtlinie würde zudem eine Verschärfung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) insbesondere in folgenden Punkten bedeuten:

  • Der Anwendungsbereich für EU-Unternehmen wäre bereits bei mehr als 500 Beschäftigten und mehr als 150 Millionen Euro Umsatz oder bei mehr als 250 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro eröffnet, sofern 50% dieses Umsatzes in einem besonders kritischen Sektor erwirtschaftet wird. Nach dem LkSG liegt die Schwelle ab dem 01.01.2024 lediglich bei mindestens 1.000 Arbeitnehmern.
  • Der Anwendungsbereich der Richtlinie würde auch Unternehmen mit Sitz in Drittstaaten erfassen, wenn diese im letzten Geschäftsjahr in der EU mehr als 150 Millionen Euro Umsatz oder unter besonderen Umständen mehr als 40 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet haben.
  • Der Richtlinienentwurf erfasst mehr menschen- und umweltrechtliche Schutzgüter und erstreckt die Sorgfaltspflichten nicht nur auf die „Upstream“-Lieferkette, sondern auf größere Teile der Wertschöpfungskette (inkl. Teilen der Absatzkette des betroffenen Unternehmens, sog. „Downstream“-Lieferkette).
  • Zusätzlich soll die Richtlinie – anders als das LkSG - zivilrechtliche Haftungstatbestände enthalten.

2. Ausblick

Jedenfalls Unternehmen, die vom potentiellen Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst wären, sind gut beraten, die weiteren Entwicklungen in diesem Zusammenhang im Auge zu behalten. Falls die Richtlinie verabschiedet wird, müsste sie von den EU-Mitgliedstaaten noch in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden. Dies dauert in der Regel etwa zwei Jahre. Zwar bliebe damit für betroffene Unternehmen etwas Zeit, die damit einhergehenden Anforderungen zu prüfen und umzusetzen. Die Vorbereitungen auf das LkSG haben jedoch gezeigt, dass eine frühzeitige und systematische Beschäftigung mit den sowie Implementierung dieser Anforderungen in die Unternehmensprozesse empfehlenswert sind. Dies dürfte insbesondere dann gelten, wenn die gesetzlichen Neuregelungen – sofern sie denn kommen – die Lieferkette betreffen.

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