Prof. Dr. F. Christian Genzow, Vertriebsrecht

Service-Partner: Autoverkauf verboten?

  
In den Richtlinien zum Servicevertrag der Marke Skoda steht, dass es den Servicepartnern verboten ist, Neufahrzeuge zu verkaufen. Dagegen regt sich Widerstand. Auch aus rechtlicher Sicht ist dieses Verbot fragwürdig.

Zu einem Servicevertrag gehören häufig Anlagen, die Standards, Richtlinien etc. enthalten. Vielfach lesen die Werkstattpartner diese Anlagen nicht oder überfliegen sie nur. So kam es, dass das Verbot im Skoda-Servicevertrag, Skoda-Neufahrzeuge zu bewerben oder zu verkaufen (wenn kein Vertriebsvertrag besteht), weitgehend unbekannt blieb. Denn es ist versteckt in den Richtlinien unter Ziffer 6.0 enthalten.

Vielen Skoda-Servicepartnern ist dieses Verbot erstmals richtig aufgefallen, als sie nun ein Rundschreiben "Wichtige Neuerungen in der Standard-Checkliste 2016 Service" von Skoda erhielten. In diesem weist der Hersteller (erstmals) deutlich auf dieses Verkaufsverbot für Skoda-Neufahrzeuge hin.

Die Überraschung bei den Servicepartnern war groß - und damit stellt sich zugleich die Frage, ob es sich nicht um eine "überraschende Klausel" handelt, die gemäß § 305 c Abs. 1 BGB "nicht Vertragsbestandteil" wird. Die Rechtsprechung verlangt dafür eine objektiv ungewöhnliche Klausel, die entweder unvereinbar mit dem Leitbild des Vertrags oder dem äußeren Erscheinungsbild ist und einen Überraschungsmoment enthält. Letzteres ist insbesondere bei einer versteckten Klausel gegeben oder wenn der Vertragspartner von einer solchen Regelung gar nicht ausgehen konnte. Vieles spricht deshalb dafür, dass es sich bei dem strittigen Skoda-Verkaufsverbot um eine überraschende Klausel handelt, die nicht Vertragsbestandteil geworden ist: Gegenstand des Servicevertrags ist gerade nicht der Vertrieb von Fahrzeugen - wie schon der Name sagt. Hinzu kommt, dass Skoda Deutschland die Klausel auch noch in den Richtlinien versteckt hat, obwohl sie durchaus von existenzieller Bedeutung sein kann. Zudem kann Skoda den Servicevetrag fristlos kündigen, wenn ein Vertragspartner gegen diese Klausel verstoßen sollte - so die Aussage des Skoda-Außendiensts.

Weitergehend stellt sich hier allerdings auch die Frage, ob dieses Verbot nach den europäischen kartellrechtlichen Grundlagen, insbesondere nach der Kfz-GVO und der Vertikal-GVO, überhaupt zulässig bzw. "freigestellt" ist. Eine fehlende Freistellung kann nämlich zur Folge haben, dass der gesamte Servicevertrag nichtig ist und die Servicepartner zudem Schadenersatzforderungen aus § 33 GWB ableiten können.

Der Servicevertrag regelt, wie die Partner Ersatzteile vertreiben und Serviceleistungen durchführen sollen. Der Vertrieb von Neufahrzeugen ist Gegenstand eines gesonderten Vertrags. Nach den Anforderungen der EU-Kommission muss ein Zusammenhang zwischen dem Vertragsprodukt und dem Gegenstand der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung bestehen. Eine Wettbewerbsbeschränkung im Servicevertrag kann sich daher nur auf den Vertrieb von Ersatzteilen und die Serviceleistung selbst beziehen, nicht jedoch auf den Vertrieb von Neufahrzeugen, die darin keine Vertragsware darstellen. Infolgedessen fehlt im Servicevertrag ein sachlicher Zusammenhang zum Neufahrzeugvertrieb, den er gerade nicht regelt. In einer Veröffentlichung hat deswegen Rechtsanwalt Matthias Spix in der Zeitschrift für Vertriebsrecht (2015, S. 283, 286) zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Regelungen der Kernbeschränkungen in der Gruppenfreistellungsverordnung explizit nur auf Vertragsprodukte beziehen, aber eben nicht auf Produkte, die nicht Gegenstand des Vertrags selbst sind. Und der Vertrieb von Neufahrzeugen als Vertragsware ist nicht Gegenstand des Servicevertrags. Damit ist weder eine Freistellung nach der Kfz-GVO noch nach der Vertikal-VO gegeben, die Vereinbarung ist daher nichtig gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV.

Zudem: Jeder freie Händler darf Neufahrzeuge verkaufen, die er (auf dem Graumarkt) erworben hat - nur der Skoda-Servicepartner soll dies nicht tun dürfen. Auch dies ist kurios und überraschend.

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