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Nacherfüllung: Wo findet sie statt?

Sofern die gekaufte Ware mangelhaft ist, kann der Käufer von dem Verkäufer die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer neuen Sache verlangen (sog. Nacherfüllung). Dazu muss der Käufer den Verkäufer ordnungsgemäß zur Nacherfüllung auffordern. Hierfür genügt die Anzeige des Mangels und die Angabe des Ortes, an dem die Nacherfüllung zu erbringen ist (sog. Erfüllungsort der Nacherfüllung). Dieser Erfüllungsort bestimmt sich nach der Ortsgebundenheit der Ware und der jeweiligen Art der Leistung. Auch hat der Käufer dem Verkäufer die Möglichkeit zu gewähren, die Ware am Erfüllungsort auf den behaupteten Mangel hin zu überprüfen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Käufer dem Verkäufer die Überprüfung der Ware zwingend auf eigene Initiative anzubieten hat.

Sofern die Nacherfüllung fehlschlägt oder ausbleibt, kann der Käufer jedoch nur dann mindern, zurücktreten oder Schadensersatz verlangen, wenn er den Verkäufer zuvor ordnungsgemäß zur Nacherfüllung aufgefordert und hierfür eine angemessene Frist gesetzt hat.

Hintergrund

Der Verkäufer handelte mit Autoteilen über das Internet und verkaufte dem Käufer ein Getriebe.  Das Getriebe sollte an eine vom Käufer benannte Werkstatt geliefert werden. Dort wurde es in den PKW des Käufers eingebaut. Das Getriebe stellte sich als mangelhaft heraus. Daraufhin forderte der Käufer den Verkäufer unter Fristsetzung auf, ein mangelfreies Getriebe an die Werkstatt zu senden. Nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Frist, lies der Käufer ein anderes Ersatzgetriebe einbauen. Mit der Klage verlangt der Käufer Schadensersatz für dieses Ersatzgetriebe.

Der Verkäufer wendete ein, dass der Käufer ihn nicht ordnungsgemäß zur Nacherfüllung aufgefordert habe: Der Käufer habe die Lieferung des neuen Getriebes zur Werkstatt verlangt und damit den falschen Ort der Nacherfüllung angegeben. Zudem hätte der Käufer ausdrücklich die Untersuchung des Getriebes auf die behaupteten Mängel anbieten müssen.

Nachdem das erstinstanzlich zuständige Landgericht noch die Klage abgewiesen und damit dem Verkäufer recht gegeben hatte, gewann der Käufer dann vor dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 08.09.2016, Az. I-5 U 99/15). Der Käufer habe den Verkäufer ordnungsgemäß zur Nacherfüllung aufgefordert. Insbesondere handele es sich bei der Werkstatt um den richtigen Ort der Nacherfüllung. Zum einen sei das Getriebe bereits in der Werkstatt in den PKW des Käufers verbaut worden, zum anderen müsse die Nacherfüllung eines Unternehmers gegenüber einem Verbraucher grundsätzlich ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen. Zudem sei die Werkstatt bereits hinsichtlich der Hauptleistungspflicht (Lieferung des Getriebes) als Erfüllungsort vereinbart worden. Zu Recht habe der Käufer daher die Nachlieferung eines neuen Getriebes zur Werkstatt verlangt.

Auch habe der Käufer seine Gewährleistungsrechte nicht dadurch verloren, dass er dem Verkäufer die Untersuchung der behaupteten Mängel am gelieferten Getriebe nicht ausdrücklich angeboten habe. Zwar obliege es dem Käufer, dem Verkäufer eine entsprechende Überprüfung zu ermöglichen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Käufer den Verkäufer darauf auf eigene Initiative  aufmerksam machen müsse. In diesem Fall war daher der Verkäufer verpflichtet, das Getriebe bei der Werkstatt auf Fehler zu prüfen und ebenfalls an diesem Ort entweder i) zu reparieren oder ii) gegen ein fehlerfreies Getriebe auszutauschen.

Anmerkung

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf macht deutlich, welche Auswirkungen die Angabe eines falschen Ortes zur Nacherfüllung haben kann. Denn für ein späteres Schadensersatzverlangen (sowie auch für die Erklärung der Minderung oder des Rücktritts) ist nicht nur erforderlich, eine angemessene Nachfrist zu setzen. Entscheidend ist vielmehr auch, dass der Käufer die Nacherfüllung am richtigen Ort verlangt hat und dem Verkäufer die Gelegenheit zur Untersuchung der mangelhaften Ware gegeben hat. Andernfalls kann der Käufer keine weiteren Gewährleistungsrechte geltend machen. Diese Rechtsfolge droht nicht nur bei einem Kauf eines Verbrauchers, sondern gleichermaßen auch bei einem Kaufvertrag zweier Unternehmer.

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