Verständigen sich der Verwender einer unwirksamen AGB und sein Vertragspartner nachträglich auf eine Regelung, in der die unwirksame AGB bestätigt wird, so kann der Vertragspartner die Aufhebung der nachträglichen Vereinbarung verlangen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es ohne die unwirksame AGB-Klausel später gar nicht zu der Individualvereinbarung gekommen wäre.

In einem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall (Urteil vom 03.05.2012 - Az. 9 U 74/11) wurde ein Vertrag unter Einbeziehung einer unwirksamen AGB-Klausel abgeschlossen. Nachträglich einigten sich der AGB-Verwender und sein Vertragspartner auf eine Regelung, die die unwirksame Klausel zwar abmilderte, teilweise jedoch auch bestätigte. Ist diese Individualvereinbarung wirksam?

Das OLG Karlsruhe bestätigt zunächst die ständige BGH-Rechtsprechung, nach der die Verwendung einer unwirksamen Vertragsklausel eine vorvertragliche Pflichtverletzung darstellen kann. Bei Verschulden des Verwenders führt dies zur Schadensersatzpflicht gegenüber dem Vertragspartner.

In einem zweiten Schritt geht das Gericht jedoch weiter - und das ist neu: Aufgrund seines Schadensersatzanspruchs kann der Vertragspartner vom Verwender die Aufhebung der nachträglichen Individualvereinbarung verlangen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die nachträgliche Vereinbarung gerade im Hinblick auf die unwirksame AGB-Regelung getroffen worden ist. Anders gesagt: Der Vertragspartner lässt sich auf die nachträgliche Vereinbarung ein, weil er meint, mit ihr stehe er immer noch besser als nach der AGB-Klausel - ihre Unwirksamkeit ist ihm nicht bewusst.

Das OLG Karlsruhe leitet also den Anspruch auf die Vertragsaufhebung aus der vorvertraglichen Pflichtverletzung her, die in der ursprünglichen Verwendung der unwirksamen AGB liegt.

Das letzte Wort ist hierzu indes noch nicht gesprochen: Die Frage ist derzeit in letzter Instanz beim BGH anhängig.

Das Urteil des OLG Karlsruhe zeigt allerdings einmal mehr die strenge AGB-Rechtsprechung deutscher Gerichte. Die Verwendung unwirksamer AGB kann im Extremfall sogar dazu führen, dass eine ansonsten wirksame Individualvereinbarung aufgehoben werden muss. AGB sollten daher regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, um diese Konsequenz zu vermeiden.

Dr. Barbara Mayer, Dr. Nils Wurch

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