Mit seinem Urteil in der Sache Vale (Urteil vom 12.7.2012 - C-378/10) macht der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Weg frei für grenzüberschreitende Rechtsformwechsel. Damit können Gesellschaften ihren Satzungssitz in ein anders EU-Land verlegen, wenn sie die Rechtsform und Statuten dabei an dessen Recht anpassen. Die Gesellschaft bleibt dabei dieselbe: Alle bestehenden Verträge gelten daher fort und müssen nicht aufwendig auf eine neue Gesellschaft übergeleitet werden. Damit ist es innerhalb der EU nun grundsätzlich möglich, über die Staatsgrenzen hinweg die Rechtsform zu ändern (z.B. von einer deutschen „GmbH" in eine französische „SARL"). Nach europäischem Recht gibt es nun neben den gesetzlich geregelten Fällen der Sitzverlegung einer Societas Europaea (SE) und der grenzüberschreitenden Verschmelzung eine weitere Form der grenzüberschreitenden Umstrukturierung.

Das ist eine gute Nachricht. Praktisch fehlen einstweilen aber noch klare gesetzliche Bestimmungen. So müssen die bei der Sitzverlegung im Einzelnen zu beachtenden Vorschriften erst noch entwickelt werden. Die Praxis schwankt momentan, ob sie sich an der Sitzverlegung einer SE oder der grenzüberschreitenden Verschmelzung orientieren soll. Das ist nicht weiter tragisch, weil beide Vorschriften ähnlich und gut handhabbar sind. Es empfiehlt sich aber, die Details zuvor mit dem Registergericht abzustimmen.

Unklar ist auch die steuerliche Situation. Das EU-Recht regelt auch steuerlich bislang nur grenzüberschreitende Verschmelzungen und die Sitzverlegung der SE. Selbst die Fusionsrichtlinie stellt die Steuerneutralität einer Umwandlung nur insoweit sicher, wie im Wegzugsstaat ein Besteuerungsrecht erhalten bleibt, z.B. bei zurückbleibender Betriebsstätte. Andererseits verstieße eine sofortige Besteuerung der stillen Reserven wohl gegen die „Lasteyrie"-Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2004. Keine oder geringere steuerlichen Probleme sollten sich ergeben, wenn der für die Besteuerung entscheidende tatsächliche Sitz (Verwaltungssitz) sich ohnehin schon im Zielland befindet. So werden viele deutsche Ltd. bereits ausschließlich in Deutschland steuerlich veranlagt; wenn sie sich nun in eine deutsche GmbH umwandeln, ändert sich steuerlich nichts.

Es bleibt daher spannend - und stets sorgfältig und rechtzeitig zu prüfen, welche Steuerfolgen eine angedachte grenzüberschreitende Umwandlung hat.

Dr. Albert Schröder

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