Die Zahlungsmoral von Unternehmen und öffentlicher Hand in Europa soll besser werden. Deshalb haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union am 16.02.2011 die Zahlungsverzugsrichtlinie neu gefasst und den Mitgliedsstaaten aufgegeben, die neuen Vorgaben bis 16.03.2013 in nationales Recht umzusetzen. Die Bundesregierung hat am 30.04.2012 einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der neuen EU-Zahlungsverzugsrichtlinie vorgelegt.

Der deutsche Gesetzgeber zeichnet die Vorgaben der Richtlinie im Gesetzentwurf nach: Privatwirtschaft und öffentliche Hand müssen sich daher darauf einstellen, dass längerfristige Zahlungsziele nicht mehr ohne weiteres wirksam vereinbart werden können. So müssen private Unternehmen Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen künftig ausdrücklich vereinbaren und dies darf für den Gläubiger nicht grob nachteilig sein. Wann eine Vereinbarung in diesem Sinne „grob nachteilig" ist, dazu verweist die Begründung des Gesetzentwurfs auf die zugrunde liegende EU-Richtlinie. Dort ist als Beispiel für eine grob nachteilige Vereinbarung genannt, dass Verzugszinsen ganz ausgeschlossen werden. Bei öffentlichen Auftraggebern liegt die Grenze bei 30 Tagen, längere Fristen bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung.

Eine vertraglich vereinbarte Überprüfung der Ware darf grundsätzlich nicht länger als 30 Tage dauern. Gesetzliche Überprüfungspflichten gibt es im deutschen Recht nur beim Werkvertrag im Rahmen der Abnahme. Diese muss nach dem gesetzlichen Leitbild jedoch grundsätzlich sofort geschehen und darf deshalb selbst bei komplexen Werken nicht länger als 30 Tage dauern. Die gesetzliche Untersuchungs- und Rügeobliegenheit beim Wareneingang ist von den Änderungen deshalb nicht betroffen, weil es sich nur um eine Obliegenheit des Käufers handelt, die auf seine Zahlungspflichten keinen Einfluss hat.
Nach dem Gesetzentwurf steigen außerdem die Verzugszinsen bei Geschäften, an denen kein Verbraucher beteiligt ist, von 8 auf 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Es wird ferner bei solchen Geschäften eine Inkassopauschale von 40 EUR eingeführt, die der Gläubiger bei Verzug geltend machen kann, ohne nachweise zu müssen, dass tatsächlich ein Schaden entstanden ist.
Keinen Gebrauch macht die Bundesregierung von der Möglichkeit, für bestimmte öffentliche Auftraggeber, z.B. Krankenhäuser, Ausnahmen vorzusehen.

Die strengeren Regeln gelten nicht nur für AGB, sondern auch für Individualverträge. Nach der Richtlinie muss der Gesetzgeber den Unternehmensverbänden die Möglichkeit geben, grob nachteilige Vertragsklauseln behördlich oder gerichtlich unterbinden zu lassen. Deshalb soll das Unterlassungsklagengesetz geändert werden und künftig Verbandsklagen auch gegen Verstöße außerhalb von AGB ermöglichen. Dadurch können Unternehmensverbände künftig auch jeden Individualvertrag darauf untersuchen, ob er Verstöße gegen die gesetzlichen Vorgaben zum Zahlungsverzug enthält und die Vertragsparteien ggf. auf Unterlassung verklagen. Dies kann für Unternehmen wie auch öffentliche Auftraggeber zu einer Zunahme von kostenpflichtigen Abmahnungen führen.

Die neuen Vorschriften gelten nicht für Verträge, an denen Verbraucher beteiligt sind. Sie müssen spätestens am 16.03.2013 in Geltung sein, sollen nach dem Willen der Regierung aber früher in Kraft treten.

Zur neuen EU-Zahlungsverzugsrichtlinie siehe bereits den Artikel in unserem Newsletter vom 26.07.2011.

Dr. Barbara Mayer, Dr. Sven Tjarks

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