EEG-Reform 2014: Kabinettsentwurf nun mit besonderen Ausgleichsregelungen

Nach langen Verhandlungen der Bundesregierung mit der Europäischen Kommission hat diese am 09.04.2014 Leitlinien zu staatlichen Umwelt- und Energiebeihilfen verabschiedet. An den hieran anknüpfenden Regelungsentwürfen für das EEG 2014 wurde im Bundeswirtschaftsministerium noch bis zum 07.05.2014 gefeilt. Die besonderen Ausgleichsregelungen der zukünftigen §§ 60 ff. EEG ergänzen nunmehr die letzte Lücke im Kabinettsentwurf zum EEG 2014, dem Kernstück der Energiereform der Bundesregierung.

Europarechtlicher Hintergrund

Die besonderen Ausgleichsregelungen, mit denen bereits im bislang geltenden EEG 2012 (dort §§ 40 ff.) stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen von der EEG-Umlage (teilweise) befreit wurden, standen zuletzt öffentlich im Fokus, nachdem die Europäische Kommission am 18.12.2013 ein förmliches Beihilfeverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hatte. Die Bundesregierung hatte hiergegen zunächst Nichtigkeitsklage zum EuGH erhoben, zugleich aber Verhandlungen mit der Europäischen Kommission auf- und die Reformierung des EEG insgesamt in Angriff genommen.

Der gefundene Kompromiss schlägt sich nun in den neuen Leitlinien der Europäischen Kommission nieder. Diese sollen am 01.07.2014 in Kraft treten und damit bereits den Rahmen für die Neuregelungen des EEG 2014 abstecken, dessen Inkrafttreten für den 01.08.2014 vorgesehen ist. Dieser durch die Leitlinien abgesteckte Rahmen wird in der praktischen Umsetzung im Wesentlichen durch die jeweils in Anlagen den Leitlinien (Annex 3 und 5) angehängte Listen vorgegeben, in denen abgestuft begünstigungswürdige Sektoren bzw. Branchen aufgelistet sind.

Wer kann zukünftig noch eine Begrenzung erhalten?

Auch in der weiteren Ausgestaltung zeichnet der Kabinettsentwurf zum EEG 2014 für die Regelungen der §§ 60 ff. die Vorgaben der Leitlinien nach. Danach soll zukünftig unterschieden werden zwischen Unternehmen der Branchen der Listen 1 und 2 gem. Anlage 4 EEG 2014, die die in Annex 3 und 5 der Leitlinien genannten Branchen beinhalten und Unternehmen, die keiner der Branchen aus Liste 1 und 2 zuzuordnen sind.

Letztere können nur noch eine Härtefallregelung, die in dem zukünftigen § 99 Abs. 4 EEG 2014 vorgesehen ist, in Anspruch nehmen. Hiernach erhalten Unternehmen, die noch für das Jahr 2014 einen Begrenzungsbescheid erhalten hatten, die Möglichkeit, auch zukünftig eine Begrenzung zu erreichen, falls die Stromkostenintensität des Unternehmens mindestens 14 % beträgt. Die Begrenzungswirkung dieser Härtefallregelung bleibt aber hinter der bisherigen Begrenzung deutlich zurück, die Umlage kann (für den 1 Gigawattstunde (GWh) übersteigenden Verbrauch) nur auf 20% der regulären Umlage begrenzt werden.

Demgegenüber sollen sog. Liste-1-Unternehmen gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 lit. a des Entwurfs in Zukunft eine Privilegierung erfahren, wenn sie im Antragsjahr 2014 eine Stromkostenintensität von mindestens 16 % und ab 2015 eine Stromkostenintensität von 17 % nachweisen. Liste-2-Unternehmen müssen sogar ab 2014 eine Stromkostenintensität von 20 % nachweisen (§ 61 Abs. 1 Nr. 2 lit. b).

Die Begriffe „Stromkostenintensität" und „Bruttowertschöpfung" werden in § 61 Abs. 6 des Entwurfs neu definiert. Unter anderem wird für beide Parameter in Zukunft der Durchschnittswert der letzten drei (nicht mehr nur des letzten) abgeschlossenen Geschäftsjahre maßgebend sein. Bei der Bruttowertschöpfung werden zukünftig alle Arten von Personalkosten umfassend (auch für Leiharbeitsverhältnisse) außer Betracht bleiben.

Eine erhebliche Änderung wird auf Unternehmen zukommen, die bislang davon profitieren, dass besondere Ausgleichsregelungen grundsätzlich auch auf selbstständige Unternehmensteile Anwendung fanden. Dies wird zukünftig ausschließlich bei Liste-1-Unternehmen möglich sein (§ 61 Abs. 5 Satz 1 des Entwurfs).

Welche Begrenzung ist zukünftig noch zu erwarten?

Auch bei den Rechtsfolgen, also dem Umfang der Begrenzung der EEG-Umlage gibt es Neuerungen. Zunächst gilt die Begrenzung nun ausdrücklich für sämtlichen selbst verbrauchten Strom (§ 61 Abs. 2 des Entwurfs), also nicht mehr nur für bezogene, sondern auch für selbst erzeugte Strommengen. Darüber hinaus bleibt es zunächst bei einem Selbstbehalt bezüglich der ersten verbrauchten GWh, für die jedes Unternehmen die volle Umlage zu tragen hat.

Die Umlage auf über 1 GWh hinausgehenden Verbrauch wird allgemein auf 15 % der regulären EEG-Umlage begrenzt, wobei der durch das Unternehmen zu zahlende Gesamtbetrag zugleich auf 4 % der Bruttowertschöpfung (bei einer Stromkostenintensität von weniger als 20 %) und auf 0,5 % der Bruttowertschöpfung (bei einer Stromkostenintensität von mehr als 20 %) beschränkt wird.

Neu - und ebenfalls bereits in den Leitlinien der Europäischen Kommission angelegt - ist der im Entwurf vorgesehene Sockelbetrag, der durch alle Unternehmen gerade soweit sie Befreiungstatbestände erfüllen (also nicht für den Selbstbehalt) für den verbrauchten Strom zu zahlen ist. Die Begrenzung soll also im neuen EEG 2014 eingeschränkt werden, sodass jedes Unternehmen einen gewissen Mindestbetrag zu leisten hat. Diese Mindestumlage soll gem. § 61 Abs. 2 Nr. 4 des Entwurfs wenigstens 0,1 Cent je Kilowattstunde betragen und auch dann zu zahlen sein, wenn hierdurch der Höchstbetrag von 4 % bzw. 0,5 % der Bruttowertschöpfung überschritten wird.

Da es hierdurch - gerade für die ganz großen Stromverbraucher - durchaus zu einer Verdoppelung der Umlagepflicht kommen kann, soll es nach § 99 Abs. 3 des Entwurfs eine weitere Härtefallregelung geben, die einen allzu starken Anstieg der Umlagekosten bei Unternehmen vermeiden soll, die nach dem EEG 2014 nicht mehr (oder nicht mehr so stark) von den Begrenzungsvorschriften profitieren. Danach soll die EEG-Umlage für Unternehmen, die für 2014 noch einen Begrenzungsbescheid erhalten haben in den Jahren bis 2019 (unabhängig von den neuen Begrenzungstatbeständen) so begrenzt werden, dass die Umlagepflicht jährlich nicht stärker als auf den doppelten Betrag des Vorjahresbetrags steigt.

Was ist nun zu tun?

Ob ein Unternehmen, das bislang die Voraussetzung einer Begrenzung der EEG-Umlage nach den besonderen Ausgleichsregelungen erfüllte auch nach der Reform noch einen Begrenzungsanspruch hat, muss in jedem Einzelfall sorgsam geprüft werden. Gerade für Unternehmen, die die neuen Voraussetzungen nicht erfüllen, wird es insbesondere darum gehen, neben den neuen besonderen Ausgleichsregelungen auch alle Übergangs- Ausnahme- und Härtefallvorschriften im Einzelnen im Blick zu behalten.

Für die Antragstellung in diesem Jahr für die erste Begrenzung nach neuem Recht im Begrenzungsjahr 2015 zu erhalten, sieht der Entwurf bereits eine verlängerte Antragsfrist bis zum 30.09.2014 vor (§ 99 Abs. 1 Nr. 5 des Entwurfs).

Dr. Stefan Lammel, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Dr. Ingo Reinke

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