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In jeder Ausgabe unseres Newsletters stellen sich Personen aus unserer Sozietät persönlich vor. Diesmal ist unsere Gesellschaftsrechtlerin Dr. Julia Schällig an der Reihe.

Seit ich denken kann, haben mich Sprache und Sprachen fasziniert. Bücher habe ich als Kind verschlungen und mich später auf dem humanistischen Gymnasium in Tübingen mit allen möglichen alten und neuen Sprachen beschäftigt. Das Aufwachsen mit zwei älteren Geschwistern hat dafür gesorgt, dass auch das Festhalten an der eigenen Meinung, das Verhandeln unterschiedlicher Positionen und nicht zuletzt strategische Überlegungen – damals ging es um das letzte Stück Kuchen, das Einräumen der Spülmaschine oder den Spaziergang mit dem Hund – von Kindesbeinen an zu meinem Alltag gehörten.

Und so entstand der Wunsch, Sprache, Sprachen und Verhandeln zu meinem Beruf zu machen: Ich wollte mich beim Auswärtigen Amt für den höheren Dienst bewerben und Diplomatin werden. Voraussetzung hierfür war ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Besonderer Bedarf bestand damals an Juristen. Also ging es nach Heidelberg und dort an die juristische Fakultät. Jura, so war mein Eindruck, würde das richtige Mittel zum Zweck sein.

Doch meine großen Erwartungen wurden herb enttäuscht: Im Jura-Studium wurde von mir gefordert, menschliches (Fehl)Verhalten unter strafrechtliche Tatbestände und zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen einzuordnen – je kürzer, je besser. Lange sprachliche Ausführungen und kreative Gestaltung waren nicht erwünscht. Ebenso wenig ermutigend waren die ersten Erfahrungen im Bereich der Diplomatie: Bei Praktika an deutschen Auslandsvertretungen wurden zwar viele fremde Sprachen gesprochen, Politik diskutiert und Kulturen gelebt. Sprachlosigkeit und ein jähes Ende aller Verhandlungen machten sich aber immer dann breit, wenn turnusgemäß nach vier Jahren alle Zelte abzubrechen waren und der Umzug in ein neues fremdes Land und eine neue fremde Sprache anstanden.

Und so habe ich schließlich den Traum vom Auswärtigen Amt begraben und mich mehr auf die Mittel und weniger auf den Zweck konzentriert. Ich legte das erste Staatsexamen in Heidelberg ab. Während des Referendariats in Konstanz eröffneten sich dann plötzlich ganz neue Welten. Zum ersten Mal kam ich mit juristischer Gestaltung in Kontakt: Es gab tatsächlich Rechtsanwälte, die sich fast ausschließlich mit der Erstellung von Verträgen befassten. Und diese dann auch noch ausführlich mit den Mandanten besprachen und intensiv mit der Gegenseite verhandelten.

Und so hatte ich das Glück, Sprache, Sprachen und Verhandeln doch noch zu meinem Beruf machen zu können. Die Interessen meiner Mandanten im Gespräch präzise zu erfassen, unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu formulieren, zu verhandeln und zu verteidigen, ist heute wesentlicher Teil meiner Tätigkeit als Rechtsanwältin im Bereich Gesellschaftsrecht. Es ist eine wunderbare Mischung aus bodenständigem Handwerk und kreativem Geschick. Und hat mit Sprache sehr viel zu tun. Faszinierend finde ich das auch nach vielen Jahren im Beruf immer noch. Besonders dann, wenn ich mit Kolleginnen und Kollegen zu tun habe, die ihr Handwerk verstehen und mit findigen Lösungen überraschen.

Ich lese und reise gerne, spiele Geige und Bratsche, wandere, segle und fahre Ski. Und manchmal darf ich meinen Kindern noch bei der einen oder anderen (sprachlichen) Frage helfen. Diskutieren und strategisch Verhandeln tun wir am Familientisch übrigens auch heute wieder gerne – vorzugsweise um das letzte Stück Kuchen oder das Einräumen der Spülmaschine. Einen Hund haben wir nicht.

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