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Schenkungsteuer bei disquotaler Einlage und mittelbarer Werterhöhung von Anteilen – Die Schenkungsfiktion des § 7 Abs. 8 ErbStG

Nach der Regelung des § 7 Abs. 8 ErbStG unterliegt der Schenkungsteuer auch eine bloß mittelbare Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft durch eine Leistung an diese Körperschaft. Bemerkenswert ist dabei, dass es dabei systemwidrig nicht einer Zuwendung in das Vermögen der Gesellschafter bedarf.

Grundsätzlich werden Sachverhalte von § 7 Abs. 8 ErbStG erfasst, bei der eine Leistung an die Gesellschaft erbracht wird, die nicht durch entsprechende Gegenleistung der Gesellschaft ausgeglichen wird. Die sich hierbei als Reflex ergebende Werterhöhung der Gesellschaftsanteile wird als Schenkung an die Gesellschafter besteuert.

Davon sind jedenfalls Sacheinlagen in die Gesellschaft umfasst, nach Ansicht der Finanzverwaltung auch sog. Nutzungseinlagen, also die unentgeltliche Überlassung von Wirtschaftsgütern. Der vom Gesetzgeber ursprünglich ins Auge gefasste Anwendungsfall waren sog. disquotale Einlagen, bei denen ein Gesellschafter überproportional Beiträge ins Gesellschaftsvermögen leistet. Nach dem Wortlaut sind aber auch Leistungen von gesellschaftsfremden Dritten umfasst, die für die Gesellschaft ein besonders günstiges Geschäft darstellen.

Zusammenfassung

Aufgrund des weiten Anwendungsbereichs der Regelung ist vor allem bei Kapitalmaßnahmen und auch sonstigen Geschäften zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern in jedem Einzelfall das nachstehend beschriebene Schenkungsteuerrisiko im Blick zu behalten. Verbleiben Zweifel an einer Ausgeglichenheit der Beiträge der Gesellschafter, sollte einige Mühe darauf verwendet werden, die (subjektive) Ausgeglichenheit der Leistungen zu begründen und bestenfalls vertraglich zu dokumentieren.

Die aktuellen Entscheidungen des BFH vom 10.04.2024

Die Norm wurde für ihren potenziell unbegrenzten Anwendungsbereich kritisiert. Der BFH hat nun mit zwei jüngeren Entscheidungen (Az.: II R 22/21 und II R 23/21) Grundsatzurteile zum besseren Verständnis dieser Schenkungsfiktion geliefert. Dabei wird deutlich, wie äußerst weit auch der BFH den Anwendungsbereich der Norm sieht. Demnach soll jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das zu einer Bereicherung des Unternehmens führt, bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen der Schenkungsteuer unterliegen. Zu einer möglichen Eingrenzung der Norm hat der BFH damit leider wenig beigetragen.

In beiden Entscheidungen urteilte der BFH, dass der Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft als Schenkung an die verbleibenden Gesellschafter zu behandeln sein kann. Dies soll dann der Fall sein, wenn der von der Gesellschaft für die eigenen Anteile gezahlte Kaufpreis den Wert dieser Anteile unterschreitet und sich hierdurch mittelbar der Wert der anderen Anteile erhöht und deren Inhaber hierdurch mittelbar bereichert werden. Im Ergebnis hat der BFH auch in diesen Fällen eine steuerbare Schenkung an die verbleibenden Gesellschafter fingiert.

Einordnung der Entscheidung

Die Fiktion einer Schenkung an die Gesellschafter bei Werterhöhung von Anteilen wird bei verschiedenen, v.a. gesellschaftsrechtlichen Sachverhalten, angenommen.

Zunächst sei dabei die (verdeckte) Einlage eines Gesellschafters genannt, ohne dass andere Gesellschafter ebenfalls eine vergleichbare Einlage leisten oder diese Mehrleistung durch andere Sachverhalte ausgeglichen wird. Das war die Konstellation, um die es dem Gesetzgeber bei Erlass der Norm vorrangig ging.

Auch wenn ein Gesellschafter im Rahmen einer Kapitalerhöhung für seine Einlage weniger Anteile bezieht, als ihm wertmäßig zustehen, ist dies in Anwendung der Norm schenkungsteuerbar, da auch hier die Anteile der anderen Gesellschafter sich mittelbar dadurch im Wert erhöhen.

Zuletzt kann auch im Rahmen einer Verschmelzung zweier Unternehmen Schenkungsteuer entstehen. Dies ist der Fall, wenn die übertragenden Gesellschafter im Vergleich zu ihrem Gesellschaftswert einer zu niedrigen Beteiligung an der verbleibenden Gesellschaft zustimmen.

Darüber hinaus sind aufgrund des weiten Anwendungsbereichs der Norm zahlreiche weitere, bisher noch nicht von der Rechtsprechung behandelte Anwendungsfälle denkbar.

Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der Schenkungsteuer

Aus der Auslegung der Norm ergeben sich aber auch Aspekte zur Einschränkung der Anwendung, bei deren Beachtung sich das Risiko einer in der Regel unerwarteten Erbschaft- und Schenkungsteuerbelastung reduzieren lässt.

Betriebsverschonungsregelung nicht anwendbar

Bei der Übertragung von Betriebsvermögen kann Schenkungsteuer durch die Anwendung der sog. Betriebsverschonungsregelung weitgehend vermieden werden. Diese Regelung begünstigt grundsätzlich auch die Übertragung von Anteilen ab einer Mindestbeteiligung von 25% auf Seiten des Schenkers oder Beschenkten. Da im Falle der Schenkungsfiktion des § 7 Abs. 8 ErbStG der relevante Tatbestand jedoch nicht eine Übertragung von Anteilen ist, sondern deren Wertsteigerung, werden in diesem Fall die Betriebsverschonungsregelungen von der Rechtsprechung und Finanzverwaltung übereinstimmend abgelehnt. Dies wurde in den hier betrachteten Entscheidungen nochmals bekräftigt.

Gesamtbetrachtung mit anderen Leistungen und Vereinbarungen

Auch nach Ansicht der Finanzverwaltung sind werterhöhende Leistungen an die Gesellschaft aber nicht völlig isoliert zu betrachten, sondern Rahmen einer Gesamtbetrachtung mit anderen Leistungen oder Vereinbarungen:

Zum einen sollen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch Leistungen anderer Gesellschafter an die Gesellschaft zu berücksichtigen sein, die im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erbracht werden. Sofern es hierdurch insgesamt zu einer den Beteiligungsverhältnissen entsprechenden Werterhöhung der Anteile aller Gesellschafter kommt, soll keine steuerbare Leistung im Sinne des § 7 Abs. 8 ErbStG vorliegen. Hierbei sind auch ausgleichende Leistungen der Gesellschafter untereinander relevant, durch die die Werterhöhung ausgeglichen wird.

Zum anderen führen disquotale Leistungen einzelner Gesellschafter nicht zu einer steuerbaren Werterhöhung der Anteile von Mitgesellschaftern, wenn hiermit der Erwerb von zusätzlichen Rechten in der Gesellschaft verbunden ist. Dies kann durch eine abweichende Verteilung der laufenden Gewinne oder der Exiterlöse bspw. durch eine Liquidationspräferenz geschehen. Zunehmend als zulässig erachtet wird auch die Leistung der Einlage unter Buchung einer personengebundenen Kapitalrücklage, die im Fall ihrer Auflösung nur an den einlegenden Gesellschafter ausgekehrt werden darf. Dieses Modell verursacht jedoch Folgeprobleme bei der ertragsteuerlichen Behandlung, da die Personengebundenheit der Kapitalrücklage nichts daran ändert, dass vor der steuerfreien Auskehrung der Kapitalrücklage zunächst alle Gewinne unter Kapitalertragsteuerbelastung ausgeschüttet werden müssen.

Bewusstsein der Ausgewogenheit der Leistungen

Bei der Sonderregelung des § 7 Abs. 8 ErbStG wird anders als sonst bei der Schenkung keine Absicht der Bereicherung des Gesellschafters vorausgesetzt. Jedoch liest auch die Finanzverwaltung und in ihrer Folge nun auch die Rechtsprechung das ungeschriebene, subjektive Tatbestandsmerkmal des Zuwendungsbewusstseins in die Norm. Bisher wurde dies jedoch nur von den Finanzgerichten, nicht vom Bundesfinanzhof bestätigt.

So soll das Bewusstsein der Beteiligten erforderlich sein, dass die gegenseitigen Leistungen insgesamt nicht ausgewogen sind, um die Steuerbarkeit zu begründen. Maßgeblich sind die Erkenntnismöglichkeiten und Wertvorstellungen der Gesellschafter in dem Zeitpunkt, in dem die Leistung bewirkt wird, auch wenn sich dies anhand späterer gewonnener besserer Erkenntnisse als unzutreffend erweist. Die Grenze zieht die Finanzverwaltung jedoch recht willkürlich bei einer Wertdifferenz von 20 Prozent, ab der ein so offensichtliches Missverhältnis anzunehmen sei, dass ein Bewusstsein der Unausgewogenheit der Leistungen anzunehmen sei. Hierzu liegt bisher keine Rechtsprechung vor. Insbesondere bei den üblicherweise vielschichtigen Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern dürfte es schwerlich möglich sein, die jeweiligen Beiträge der Gesellschafter subjektiv so exakt auszupreisen, dass diesen ein Bewusstsein der Unausgewogenheit unterstellt werden kann. Hier liegt unseres Erachtens einer der erfolgversprechendsten Ansatzpunkte zur Vermeidung einer unangemessenen Besteuerung.

Zuwendungen unter Kapitalgesellschaften

Wenn eine unausgeglichene Leistung von einer Kapitalgesellschaft an eine Kapitalgesellschaft (und nicht von einer natürlichen Person) ausgeführt wird, muss eine Bereicherungsabsicht vorliegen, damit ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt. Diese Ausnahme beruht auf der Befürchtung, dass sonst jedwede verdeckte Gewinnausschüttung im Konzern als schenkungsteuerpflichtiger Vorgang qualifiziert würde.

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