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Rechtliche Neuerungen im Jahr 2023

Unternehmen stehen zu Beginn des Jahres 2023 vor zahlreichen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Auch rechtlich betreten sie wie schon im vergangenen Jahr in vielerlei Hinsicht „Neuland“. Einiges ist derzeit noch in der Diskussion, anderes ist bereits umzusetzen. Worauf sich Unternehmen jetzt einstellen müssen, lesen Sie in diesem Beitrag.

Unternehmerische Sorgfaltspflichten in Lieferketten

Die unternehmerische Verantwortung für Menschenrechte und Umwelt endet nicht am Werkstor. Um die Einhaltung von Menschenrechten in den globalen Lieferketten zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber deshalb das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) erlassen, das zum 01.01.2023 in Kraft getreten ist. Es verpflichtet Unternehmen, Risiken in der gesamten Lieferkette zu ermitteln, diese zu überwachen und geeignete Kontrollmechanismen zu schaffen. Außerdem wird die Abgabe einer Grundsatzerklärung gefordert.

Die Pflichten gelten zunächst unmittelbar nur für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten, ab 2024 dann für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigen. Aber auch auf kleinere Unternehmen werden sich die Sorgfaltspflichten jedenfalls mittelbar auswirken, wenn sie Teil der Lieferkette eines unmittelbar verpflichteten Unternehmens sind.

Inzwischen wurde auf EU-Ebene eine Richtlinie mit noch weitergehenden Bestimmungen vorgestellt, die voraussichtlich im Laufe des Jahres verabschiedet wird und die der deutsche Gesetzgeber dann in den nächsten Jahren umsetzen muss.

Entlastungspakete für Unternehmen

Die andauernde Energiekrise und weiter steigende Energiekosten haben den Gesetzgeber veranlasst, umfangreiche Entlastungen für Privatpersonen und Unternehmer zu beschließen.

Teil des dritten Entlastungpakets ist eine sog. Strom- und Gaspreisbremse, die den Energiepreis für einen Anteil von 70 bzw. 80% des Vorjahresverbrauchs deckelt.

Weiter besteht ein erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld bis zum 30.06.2023. Eigentlich wäre die Regelung zum 31.12.2022 ausgelaufen. Kurzarbeitergeld kann weiterhin bereits dann ausgezahlt werden, wenn mindestens 10% der Beschäftigten von einem Entgeltausfall betroffen sind.

Arbeitgeber können außerdem noch bis zum 31.12.2024 an ihre Beschäftigten eine steuer- und sozialabgabenbefreite Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro zahlen.

Temporäre Anpassung im Insolvenzrecht

Um einer Insolvenzwelle entgegenzuwirken, gelten bis zum 31.12.2023 befristete Anpassungen im Insolvenzrecht. Hierzu wurde u.a. der Prognosezeitraum für das Vorliegen einer Überschuldung von zwölf auf vier Monate herabgesetzt, um Unternehmen zu ermöglichen, in der Krise mehr „auf Sicht“ zu fahren. Für deren Vertragspartner birgt das andererseits höhere Ausfallrisiken. Unternehmen sollten dies im Geschäftsverkehr berücksichtigen und ggf. ausreichende Sicherheiten vereinbaren.

Arbeitsrecht

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen werden für gesetzlich versicherte ArbeitnehmerInnen seit dem 01.01.2023 digital übermittelt. Damit gehört der sog. „gelbe Zettel“ der Geschichte an. Arbeitgeber müssen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im sog. eAU-Verfahren bei den Krankenkassen anfragen, die die Daten elektronisch von der Arztpraxis oder dem Krankenhaus übermittelt bekommen.

Abgeschafft werden die Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten. Dadurch kann der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand flexibler gestaltet werden. Erhöht wurde auch die sog. „Midijob-Grenze“ auf nunmehr 2.000 Euro.

Außerdem wurde die EU-Richtlinie (EU) 2019/1158 zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, die v.a. Freistellungsmöglichkeiten für den Pflegefall von Angehörigen vorsieht, in deutsches Recht umgesetzt. Die sich daraus ergebenden Änderungen betreffen v.a. Freistellungen von Beschäftigten in Kleinbetrieben, da das deutsche Recht der Richtlinie im Übrigen bereits weitgehend entsprach.

Eindämmung der Marktmacht von Digitalunternehmen

Ab Mai 2023 wird der sog. Digital Market Act (DMA) anwendbar, eine EU-Verordnung, die einen Verhaltenskodex für Digitalunternehmen vorsieht. Dies führt in Deutschland jedoch nicht zu großen Änderungen, da das Verbot der Benachteiligung anderer Marktteilnehmer hierzulande schon 2021 durch das GWB-Digitalisierungsgesetz eingeführt wurde. Weitergehende Neuerungen für Online-Plattformen bringt eine zweite EU-Verordnung, der sog. Digital Services Act (DSA). Dieser wird jedoch erst im Februar 2024 seine ganze Geltungswirkung entfalten, weil erst dann die meisten Regelungen anwendbar sein werden.

EU-Fusionskontrolle

Bereits Ende November 2022 wurde die EU-Fusionskontrolle II-Verordnung (Foreign Subsidies Regulation) beschlossen. Diese dürfte allerdings nur Auswirkungen auf größere Firmenübernahmen durch Unternehmen aus Drittstaaten haben, die nicht dem strengen EU-Beihilferecht unterliegen, wodurch sie gegenüber EU-Unternehmen im Vorteil sein können.

Mobilität, Energie und Umwelt

Seit dem 01.01.2023 werden nur noch batterie- oder brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge mit dem Umweltbonus von bis zu 4.500 Euro bezuschusst und nicht mehr sog. Plugin-Hybride. Ab dem 01.09.2023 soll die Förderung für gewerblich genutzte Fahrzeuge ganz entfallen. Das „Deutschlandticket“ oder „49-Euro-Ticket“ als Nachfolger des „9-Euro-Tickets“ wird voraussichtlich ab Mai 2023 angeboten werden.

Eine weitere Neuerung ergibt sich für die Kostenverteilung der CO2-Steuer bei Mietobjekten. Für Nichtwohngebäude sieht der Gesetzgeber vor, dass die Kosten der sog. CO2-Steuer pauschal hälftig zwischen Vermieter und Mieter geteilt werden. Ein Stufenmodell wie für Wohngebäude soll bis Ende 2025 erarbeitet werden.

Gastronomen sind ab 2023 verpflichtet, für Speisen und Getränke neben Einweg- stets auch Mehrwegbehälter anzubieten. Ausnahmen von dieser Pflicht sieht das Gesetz nur für kleinere gastronomische Betriebe vor.

Einige Bundesländer haben eine sog. Photovoltaikpflicht beschlossen. Danach kann bei Neubauten oder Dachsanierungen die Pflicht bestehen, eine Photovoltaikanlage zu installieren und zu betreiben. Bei der Planung neuer Projekte sollte deshalb die jeweilige Landesgesetzgebung im Auge behalten werden.

Ausblick: Hinweisgeberschutzgesetz, Umwandlungs-RL, Batterie-VO und vieles mehr

Außerdem sind weitere Neuerungen für 2023 angekündigt:

Voraussichtlich noch im ersten Quartal wird das Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet werden. Deutschland wird damit die europäische Whistleblower-Richtlinie umsetzen, die eigentlich schon bis zum 17.12.2021 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Gestärkt werden soll der Schutz von Hinweisgebern, die bislang im Falle von Offenlegungen von Missständen in Unternehmen nicht ausreichend vor Benachteiligungen geschützt waren. Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern werden verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Für Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern gilt die Erleichterung, als dass sie eine gemeinsame Meldestelle aufbauen dürfen. Hinweisen muss regelmäßig durch interne Untersuchungen nachgegangen werden. Unternehmen, die die Schwellenwerte überschreiten, sollten sich frühzeitig mit dem Thema befassen, da die Einrichtung der Meldestelle die Zustimmung des Betriebsrats erfordern kann.

Zudem soll die Umwandlungs-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Diese enthält Vorgaben für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel von Aktiengesellschaften, KGaA und GmbHs und hätte ursprünglich bis 31.01.2023 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Eine Einigung im Bundestag scheiterte jedoch Ende 2022 vorerst.

Außerdem hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bereits angekündigt, das Arbeitszeitgesetz an die Rechtsprechung des EuGHs anzupassen.

Und auch die Europäische Kommission hat sich ambitionierte Pläne gesetzt. Geplant sind u.a. Änderungen in der Chemikalien-Richtlinie REACH, der Batterie-Verordnung sowie weitere Initiativen zur Emissionssenkung und Abfallreduzierung. Dazu hat die EU-Kommission u.a. einen Vorschlag für ein "Recht auf Reparatur“ angekündigt. Hersteller sollen dann Reparaturmöglichkeiten und die Kosten für Ersatzteile für Verbraucher transparenter darstellen und dafür sorgen, dass Ersatzteile genormt sind und verpflichtend für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stehen.

Fazit

Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie hier regelmäßig auf dem Laufenden halten, damit Sie stets den Überblick behalten.

Sollten Sie Fragen zu den behandelten Themen haben, sprechen Sie uns gerne an!

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