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Bildveröffentlichung wider Willen bei Corona-Demonstration

Gerade im Rahmen von Corona-Demonstrationen kam es immer wieder zu presserechtlichen Fragestellungen, die auch für die künftige Praxis relevant sind. So hatte sich das Oberlandesgericht Nürnberg (Beschluss vom 04.11.2024, Az. 3 U 1585/24 Pre) anlässlich der Veröffentlichung eines Fotos in einem Online-Artikel über eine solche Demonstration darüber zu entscheiden, ob der Betroffene die Veröffentlichung des ihn zeigenden Bildnisses unter Berufung auf sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht unterbinden kann oder ob es dies aufgrund des Überwiegens der Pressefreiheit und des allgemeinen Informationsinteresses dulden muss.

Sachverhalt

Dem Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Bei der Klägerin handelte es sich um ein Presseunternehmen, welches im März 2023 einen Online-Artikel anlässlich einer Demonstration im Oktober 2022 gegen die damalige Corona-Politik veröffentlicht hatte. Der Beklagte hatte an der Demonstration freiwillig in vorderster Reihe teilgenommen. Der Artikel enthielt eine Abbildung, welche auch den Beklagten zeigte und ihn dabei als Person und Demo-Teilnehmer erkennbar machte.

In einem von der Klägerin gegen den abgebildeten Beklagten geführten Gerichtsverfahren forderte dieser die Klägerin seinerseits dazu auf, es zu unterlassen das Foto mit der Abbildung seiner Person in ihrem Artikel zu veröffentlichen.

Nachdem das Landgericht einen Unterlassungsanspruch des Abgebildeten abgewiesen hatte, legte dieser gegen die damit fortwährende Veröffentlichung seines Fotos Berufung ein.

Entscheidungsgründe

Das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigte das erstinstanzliche Urteil und wies die Berufung des Abgebildeten als unbegründet zurück. Dieser könne die Wiedergabe seines Bildes in dem streitgegenständlichen Artikel der Klägerin nicht unterbinden, da die Zugänglichmachung – auch ohne seine Zustimmung – gerechtfertigt sei.

  • Seine Entscheidung begründete der Senat zunächst damit, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Foto des Betroffenen um ein Bildnis der Zeitgeschichte handelt (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Diese Beurteilung erfordere eine Abwägung zwischen den grundrechtlich geschützten Rechten des Abgebildeten und der Presse bzw. dem Informationsinteresse der Allgemeinheit. Wesentliches Abwägungskriterium sei dabei der Informationswert der Berichterstattung. Hierfür müsse die Berichterstattung einen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse liefern oder sich mit Vorgängen von allgemeinem Interesse befassen, worunter auch Darstellungen zeittypischer Zustände und Lebenslagen fallen. Der wesentliche Informationswert könne dabei im Einzelfall auch dem der Berichterstattung beigefügten Bild innewohnen. Im Übrigen komme es aber auch auf die Aktualität des Ereignisses an. Im Ergebnis ordnete das Gericht die beanstandete Aufnahme des Betroffenen als ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte ein.
  • Im Anschluss hieran widmete sich der Senat der Frage, ob die Veröffentlichung der Abbildung des Betroffenen auch nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG sei. Danach dürfen Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen ebenfalls ohne Einwilligung der abgebildeten Person veröffentlicht werden. Die Vorschrift umfasse alle Ansammlungen mit kollektiver Willensbildung, wozu auch Demonstrationen gehören. Zudem sei es erforderlich, dass die jeweilige Veranstaltung oder zumindest ein repräsentativer Ausschnitt hiervon in der Abbildung gezeigt wird. Wenn dies der Fall sei, dürften grundsätzlich auch einzelne Teilnehmer erkennbar abgebildet werden, sofern die Charakteristik bzw. der Verlauf der Veranstaltung hierdurch veranschaulicht werde. Die Grenze der Zulässigkeit sei jedoch erreicht, wenn einzelne oder mehrere Personen unabhängig hiervon hervorgehoben werden. Im dem vorliegenden Fall sah das Gericht diese Grenze als noch nicht erreicht an.
  • Abschließend stellte der Senat fest, dass auch keine berechtigten Interessen des Beklagten ersichtlich seien, die einer Veröffentlichung seines Bildnisses entgegenstünden (§ 23 Abs. 2 KUG). Hier berücksichtigte der Senat insbesondere den Informationswert der begleitenden Wortberichterstattung, welche durch das angegriffene Bild lediglich zusätzlich veranschaulicht werde.

Praxishinweis

Der Senat hat in seiner Entscheidung die Voraussetzungen für eine Bildveröffentlichung ohne Zustimmung des Abgebildeten am Beispiel einer Demonstrationsteilnahme für die praktische Anwendung mit Leben gefüllt.

Im Kern steht damit fest, dass man sich als Teilnehmer an einer Versammlung bzw. Demonstration stets gewahr sein muss, dass ein Bildnis der eigenen Person während der Teilnahme grundsätzlich auch ohne Einwilligung veröffentlicht werden darf. Dies gilt jedenfalls, solange die einzelne Person dabei in keiner herausgehobenen Position gezeigt wird.

Dennoch liegt der Teufel hier – wie so oft – im Detail. Es kommt stets auf die jeweilige Abbildung und Dinge wie die konkrete Darstellung der Person, den gewählten Bildausschnitt oder den gezeigten Kontext an. Nur hieran lässt sich bestimmen, ob ein Vorgehen des Betroffenen gegen eine ihm unliebsame Abbildung im Einzelfall nicht vielleicht doch erfolgsversprechend ist.

Eine solche Einzelfallprüfung ist dabei auch in anderen Situationen, in denen eine Person gegen ihren Willen öffentlich abgebildet wird, stets erforderlich – was praktisch jeden überall treffen und je nach den konkreten Umständen sowohl im beruflichen wie auch im privaten Kontext schnell weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Auch wenn Einzelfallprüfungen oft mühsam und mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sein mögen, so ist dies doch der Preis, denn man für sach- und interessengerechte Ergebnisse stets zahlt: Denn nur anhand der individuellen Umstände lässt sich beurteilen, ob im jeweiligen Einzelfall die grundrechtlich geschützten Individualinteressen des Betroffenen oder doch die Pressefreiheit bzw. die Allgemeininteressen der Öffentlichkeit Vorrang genießen sollten.

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