
Neue Einfuhrzölle der USA – Handlungsmöglichkeiten deutscher Unternehmen
Die Trump-Regierung hat am 02.04.2025 – laut dem US-Präsidenten der sog. „Liberation Day“ – neue Einfuhrzölle bzgl. einer Vielzahl von Produkten aus unterschiedlichsten Ländern verkündet. Während US-Präsident Trump für die meisten der betroffenen Länder am 09.04.2025 bereits wieder eine Aussetzung der neuen Einfuhrzölle für einen Zeitraum von 90 Tagen angekündigt hat, wurden die US-Einfuhrzölle auf aus China eingeführten Waren unter Berücksichtigung bestimmter Ausnahmen weiter erhöht.
Das sprunghafte Verhalten der Trump-Regierung in puncto Einfuhrzölle führt für die in die USA exportierenden Unternehmen zu einer hohen Unsicherheit. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden überblicksartig wichtige Handlungsmöglichkeiten deutscher Unternehmen bezüglich laufender oder künftiger Vertrags- und Lieferbeziehungen dargestellt:
1. Bestehende Verträge mit US-Kunden
Sofern die nach einem bestehenden Vertrag in die USA zu liefernden Produkte von den neuen Einfuhrzöllen erfasst sind, gilt es zunächst zu prüfen, welche Partei nach dem Vertrag zum Import und damit auch zur Tragung der Einfuhrzölle verpflichtet ist. In grenzüberschreitenden Lieferverträgen wird im Zusammenhang mit den Lieferpflichten in der Regel auf eine Incoterms-Klausel verwiesen. Mit der jeweiligen Incoterms-Klausel geht auch eine Regelung dazu einher, ob Einfuhrzölle vom Verkäufer oder Käufer bezahlt werden müssen. Ist ein Unternehmen als Verkäufer auch zum Import in die USA und zur Verzollung verpflichtet (bspw. im Fall von DDP, Incoterms 2020), sollte der bestehende (Rahmen-)Vertrag vor einer weiteren Lieferung insbesondere auf folgende Punkte überprüft werden:
- Preisanpassungsklauseln: Über vereinbarte Preisanpassungsklauseln könnten unter Umständen die zusätzlichen Einfuhrzollkosten an den Käufer weitergegeben werden. Dies setzt zum einen voraus, dass die jeweilige Preisanpassungsklausel wirksam vereinbart ist und dass nach solch einer Klausel die Erhöhung von Zöllen als Grund für eine Preisanpassung herangezogen werden kann.
- Force Majeure: Eine im Vertrag geregelte Force Majeure-Klausel könnte – abhängig vom Klauselinhalt – dem Verkäufer ein Recht gewähren, den vertraglichen Pflichten für die Zeit der Geltung der neuen US-Einfuhrzölle nicht nachzukommen oder den Vertrag anzupassen. Selbst wenn neue Einfuhrzölle von der jeweiligen Force Majeure-Klausel grundsätzlich erfasst wären, müsste die Einführung der US-Zölle noch als unvorhersehbares Ereignis angesehen werden können. Dies ist spätestens seit dem 02.04.2025 äußerst fraglich, auch wenn die Zölle von der Trump-Regierung, wie gezeigt, auch unvermittelt für einen gewissen Zeitraum wieder ausgesetzt oder erhöht/reduziert werden. Allerdings kann eine Force Majeure-Klausel ausnahmsweise so formuliert sein, dass auch ein vorhersehbares Ereignis als Fall der höheren Gewalt anerkannt ist.
- Wegfall der Geschäftsgrundlage/außerordentliche Kündigung: Wenn Klauseln der oben genannten Art im Vertrag nicht vorzufinden sind, ist bei Anwendbarkeit des deutschen Rechts zu prüfen, ob die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB greifen. Falls § 313 BGB anwendbar sein sollte, sind Rechtsfolgen wie Anpassung der vertraglichen Konditionen, Aussetzung und Rücktritt/Kündigung denkbar. Ob diese Grundsätze eingreifen, bedarf jedoch einer Einzelfallüberprüfung. Zu prüfen ist auch, ob außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten bestehen. Im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen besteht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit gem. § 314 BGB.
Abhängig davon, ob in bestehenden Verträgen mit US-Kunden Regelungen der vorstehenden Art integriert sind oder nicht, kann sich eine Verhandlung über die Anpassung des Vertrags empfehlen.
2. Zukünftige Vertragsbeziehungen mit US-Kunden
Bzgl. neu abzuschließender (Rahmen-)Verträge mit US-Kunden ist in Bezug auf die Einfuhrzollproblematik insbesondere Folgendes zu empfehlen:
- Regelungen, die das deutsche Unternehmen als Verkäufer auch zum Import in die USA und zur Tragung der Importzölle verpflichtet, sind zu vermeiden. Daher ist bspw. die Incoterms Regelung FCA (Incoterms 2020) mit Lieferort in Deutschland zu empfehlen. Eine FCA-Klausel ist in internationalen Vertragsbeziehungen auch praktikabler als die Vereinbarung von EXW (Incoterms 2020). Denn im letzteren Fall müsste der Käufer die Ware u.a. auch zur Ausfuhr freimachen. Dies wird in der Regel nicht ohne die Unterstützung des Verkäufers gelingen.
- Unabhängig hiervon ist aus Sicht des Verkäuferunternehmens immer auch die Vereinbarung einer weitgefassten Force-Majeure-Klausel zu empfehlen. Aufgrund der oben benannten Problematik der Vorhersehbarkeit ist explizit zu regeln, dass US-Einfuhrzölle unabhängig davon, ob diese vorhersehbar sind oder nicht, als ein Fall höherer Gewalt gelten. Zudem sollten u.a. auch die mangelnde oder nicht rechtzeitige Belieferung durch Vorlieferanten als Fall höherer Gewalt aufgezählt werden. Denn auch Lieferunterbrechungen sind aufgrund der aktuellen unsicheren Lage nicht auszuschließen.
- Je nachdem, ob und inwieweit die vorbenannten Regelungen durchgesetzt werden können, sind aufgrund der schwankenden US-Einfuhrzölle weitere Regelungen zu empfehlen. So sollte explizit vereinbart werden, dass den vereinbarten Preisen die Annahme eines US-Einfuhrzolls X zugrunde liegt. Für den Fall, dass vor dem Liefertermin eine (kurzfristige) Anpassung des Einfuhrzolls durch die US-Regierung erfolgt, ist dann ein entsprechendes Preisanpassungsrecht zu Gunsten des Verkäufers vorzusehen.
- Zu denken ist daneben auch an die Vereinbarung außerordentlicher Kündigungsrechte.
3. Absicherung vor Risiken innerhalb der eigenen Lieferkette
Ebenfalls sollte auch der Produktionsprozess sowie die eigene Lieferkette eingehend überprüft werden:
- Zunächst sollte überprüft werden, ob für die eigenen Produkte der korrekte HTS-Code verwendet wird und, ob die Angaben zum Ursprungsland des Produkts richtig angegeben werden.
- Das jeweilige Ursprungsland eines Produkts kann unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe des Zollsatzes (bspw. im Zusammenhang mit etwaig anwendbaren Präferenzabkommen) haben. So ist zu prüfen, ob die Verlagerung der Fertigung der Produkte oder eines Teils davon an einen anderen Standort oder ein Wechsel von Vorlieferanten bestimmter (Vor-)Materialien im Ergebnis zu einer günstigeren Zollbehandlung führen würde. Dementsprechend sind die Auswirkungen der eigenen Lieferkette auf die Kosten der Produkte, die in die USA geliefert werden sollen, genau zu überprüfen.
- Fordern Sie in diesem Zusammenhang auch detaillierte Nachweise und Lieferantenerklärungen von Vorlieferanten zum Ursprungsland von (Vor-)Materialien an. Eine gute Dokumentation dient schlussendlich auch einer vereinfachten Kommunikation mit der jeweiligen Zollbehörde. Wenn insoweit mit Blick auf die US-Einfuhrzölle bereits eine günstige Ausgangslage besteht, sollte von Lieferanten auch eine Langzeitlieferantenerklärung (LLE) eingefordert werden. Falls durchsetzbar, ist mit dem jeweiligen Lieferanten zu vereinbaren, dass dieser nicht dazu berechtigt ist, die jeweilige LLE kurzfristig zu korrigieren oder zu widerrufen, bspw. aufgrund eines geplanten Standortwechsels oder der Änderung der Lieferkette des Lieferanten. Falls dies nicht vereinbart werden kann, sollten Sie sich zumindest ein außerordentliches Kündigungsrechts vorbehalten, damit schnelle Lieferantenwechsel möglich bleiben.
4. Zusammenfassung
Aufgrund der sprunghaften Maßnahmen der Trump-Regierung in puncto Einfuhrzölle gilt es die künftigen Entwicklungen genau im Blick zu behalten.
Bestehende Verträge mit US-Kunden und mit eigenen Vorlieferanten sowie die eigene Lieferkette und Produktion sind dahingehend zu überprüfen. Ggf. sind Neuverhandlungen bzw. Anpassungen angezeigt, um die Risiken im Zusammenhang mit US-Einfuhrzöllen zu reduzieren.
In einem neu abzuschließenden (Rahmen-)Liefervertrag mit einem US-Kunden sollte das Verkäuferunternehmen von vornherein nicht zur Tragung von US-Importzöllen verpflichtet sein (Stichwort: FCA Deutschland). Zudem sind, wie beschrieben, insbesondere eine weitgefasste Force Majeure-Klausel, außerordentliche Kündigungsrechte oder Preisanpassungsmöglichkeiten aufgrund von neu eingeführten oder erhöhten US-Einfuhrzöllen zu empfehlen.
14. April 2025