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Vertretung der monistisch verfassten SE

Ein geschäftsführender Direktor ist nicht dazu berechtigt, die monistisch verfasste SE bei einem Rechtsgeschäft mit sich selbst zu vertreten. Dies obliegt dem Verwaltungsrat. Dies stellte der Bundesgerichtshof klar.

Sachverhalt

Dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der inzwischen verstorbene geschäftsführende Direktor einer monistisch verfassten europäischen Gesellschaft (SE) hatte Einzelvertretungsmacht und war zudem gemäß seiner Bestellung auch zum Abschluss von Rechtsgeschäften mit sich selbst oder als Vertreter Dritter berechtigt.

Er schloss im eigenen Namen und im Namen der SE einen notariell beurkundeten „Schenkungsvertrag auf den Todesfall“, womit er der SE vier Kunstwerke schenkte. Noch vor seinem Tod erklärte er jedoch die Loslösung von dem geschlossenen Vertrag aus allen in Betracht kommenden Rechtsgründen. Die SE begehrte anschließend die gerichtliche Feststellung der Wirksamkeit des Vertrags.

Das Urteil des BGH vom 17. September 2024 – Az.: X ZR 39/23

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des BGH war die SE beim Abschluss des Vertrags bereits nicht wirksam vertreten und dieser deshalb unwirksam.

Grundsätzlich werde eine im monistischen System verfasste SE gem. § 41 Abs. 1 SE-Ausführungsgesetz (SEAG) durch die geschäftsführenden Direktoren vertreten. Die Vertretung gegenüber den geschäftsführenden Direktoren stehe jedoch nach § 41 Abs. 5 SEAG dem Verwaltungsrat zu.

Dies gelte auch in Bezug auf Rechtsgeschäfte, durch die die SE lediglich einen rechtlichen Vorteil im Sinne von § 107 BGB erlangt. Die Erwägungen, nach denen das Verbot von Insichgeschäften gem. § 181 BGB in solchen Fällen nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht greift, seien auf § 41 Abs. 5 SEAG nicht übertragbar. Denn der Schutzzweck von § 41 Abs. 5 SEAG, der § 112 AktG nachgebildet sei, reiche weiter. § 41 Abs. 5 SEAG erfasse jedes ein- oder mehrseitige Rechtsgeschäft, unabhängig davon, ob im Einzelfall Interessen der Gesellschaft gefährdet sind. Hiermit soll Interessenkollisionen vorgebeugt und eine unbefangene, sachgerechte Vertretung der SE sichergestellt werden. § 112 AktG und § 41 Abs. 5 SEAG enthielten eine eigenständige Vertretungsregelung, die die Vertretungsmacht für bestimmte Rechtsgeschäfte ausschließlich dem Aufsichtsrat bzw. dem Verwaltungsrat zuweist. Der Kreis dieser Geschäfte sei nicht durch ihren Inhalt definiert, sondern allein durch die daran beteiligten Personen. Das Gesetz sehe zudem keine Befreiungen von diesen Beschränkungen vor. Deshalb konnte der BGH im Ergebnis offenlassen, ob der Schenkungsvertrag für die SE lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB war.

Praxishinweis

Das Urteil des BGH schafft Rechtsklarheit in der Frage, wer eine monistisch verfasste SE bei Geschäften mit einem geschäftsführenden Direktor vertreten muss. Unabhängig vom Inhalt des Geschäfts ist dies stets der Verwaltungsrat. Das Urteil hat zugleich Bedeutung für Aktiengesellschaften, weil der BGH sich darin zu der vergleichbaren Vorschrift des § 112 AktG erstmals eindeutig positioniert und der herrschenden Meinung anschließt, wonach die Aktiengesellschaft bei allen Verträgen mit ihrem Vorstand, auch wenn diese lediglich rechtlich vorteilhaft sind, stets vom Aufsichtsrat vertreten werden muss.

Zur SE: Die Leitung einer SE kann entweder monistisch oder dualistisch ausgestaltet werden. Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine monistisch verfasste SE. Im Gegensatz zu einer Aktiengesellschaft nach dem Aktiengesetz mit einem Vorstand, der die Gesellschaft leitet, und einem Aufsichtsrat, der den Vorstand überwacht und kontrolliert, übernimmt in der monistisch verfassten SE der Verwaltungsrat sowohl Leitungs- als auch Kontrollfunktionen. Vom Verwaltungsrat werden geschäftsführende Direktoren bestellt, die die monistische SE nach außen vertreten und das Tagesgeschäft übernehmen. Die Leitungsfunktion bleibt allerdings beim Verwaltungsrat, der den geschäftsführenden Direktoren auch Weisungen erteilen kann. Das monistische System hat insbesondere für mittelständische Unternehmen den Vorteil, dass eine Aufgliederung in zwei Organe (Vorstand und Aufsichtsrat) nicht notwendig ist und so grundsätzlich Kosten eingespart werden können. Ob dieser Vorteil im Einzelfall dazu führt, sich für eine Gesellschaft in der Rechtsform der SE zu entscheiden, hängt von weiteren rechtlichen und steuerlichen Faktoren ab. Bei der Wahl der Rechtsform ist daher stets vorab eine eingehende rechtliche sowie steuerliche Beratung zu empfehlen.

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