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Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses bei Einberufung der Gesellschafterversammlung durch „unbefugte“ Person

Gesellschafterbeschlüsse, die in einer durch einen Unbefugten einberufenen Versammlung gefasst werden, sind nichtig. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) für eine Partnerschaftsgesellschaft entschieden.

Sachverhalt

Dem Urteil des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war Partner (d.h. Gesellschafter) einer Partnerschaftsgesellschaft mit Sitz in Frankfurt. Neben diesem gehörten noch vier weitere Partner der Gesellschaft an. In Abwesenheit des Klägers fassten die anderen Partner den Beschluss, dass der Kläger mit sofortiger Wirkung aus der Partnerschaft ausgeschlossen werden solle. Die entsprechende Versammlung wurde zuvor – anders als im Gesellschaftsvertrag der Partnerschaftsgesellschaft festgelegt – nicht durch den „Managing Partner“ einberufen, sondern durch andere Partner.

Gegen den gefassten Beschluss beantragte der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit vor dem Landgericht Frankfurt, das den Antrag abwies. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg, sodass der Kläger sein Ziel mit der Revision zum BGH weiterverfolgte.

Die Entscheidung des BGH vom 16.07.2024 – II ZR 100/23

Die Revision hatte Erfolg. Der BGH hob das Urteil unter Verweis auf folgende rechtliche Ausführungen auf:

Im Personengesellschaftsrecht (dem die Partnerschaftsgesellschaft unterfällt) sei es zwar grundsätzlich anerkannt, dass Form-, Frist-, und Inhaltsverstöße nur dann zur Nichtigkeit von in einer Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüssen führten, wenn der von der verletzten gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Regelung verfolgte Zweck sich auf die Teilnahme an und Abstimmung in der Gesellschafterversammlung bezog und dieser Zweck durch den Verstoß vereitelt würde. Dieser Grundsatz sei allerdings nicht bei einer Einberufung der Gesellschafterversammlung durch einen hierzu Unbefugten anwendbar. Sofern ein Unbefugter zur Versammlung lade, mangele es bereits an einer Mindestvoraussetzung einer Gesellschafterversammlung, was einer Nichtladung gleichkäme. Hierdurch sei der einzelne Gesellschafter in seinem unverzichtbaren Recht auf Teilnahme an der Versammlung samt Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung verletzt. Eine solche Verletzung müsse die Nichtigkeit der in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse zur Folge haben – nicht nur bei Personengesellschaften wie der Partnerschaftsgesellschaft sondern rechtsformübergreifend.

Praxishinweis

In guten Zeiten werden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zur Gesellschafterversammlung und Beschlussfassung gerne ignoriert und Beschlüsse im Schnelldurchlauf gefasst. Das Phänomen zeigt sich insbesondere bei Personengesellschaften (gerade bei GbRs), da hier den gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Regelungen weniger Bedeutung beigemessen wird. Frei nach dem Motto „das haben wir immer schon so gemacht“.

Was in Zeiten allseitigen Einvernehmens folgenlos bleibt (und sich dadurch erst recht etabliert), wird schnell zum Problem, wenn die Einigkeit der Gesellschafter bröckelt: Sobald ein Gesellschafterstreit entbrennt, sind Ladungs- und Beschlussfehler gern ergriffene Chancen, unliebsame Beschlüsse zu kippen. Ist der Beschluss nichtig, liegt das Kind bereits im Brunnen, da der Beschluss nicht geheilt werden kann. War der Beschluss dann noch zeitkritisch, da möglicherweise Fristen abzulaufen drohten, kann die im Rahmen der Ladung und Beschlussfassung unterlaufene Unachtsamkeit schnell kostspielig werden.

Selbst wenn der Beschluss nicht nichtig, sondern nur rechtswidrig – also wirksam, aber anfechtbar – ist, ist es bei wichtigen Beschlüssen unabdingbar, dass alle Formalien eingehalten werden. Ein anschließender Gesellschafterstreit über die Wirksamkeit eines Beschlusses ist nicht nur mühselig, sondern auch zeit- und kostenintensiv und wird schließlich zur vollständigen Zerrüttung zwischen den Gesellschaftern führen.

Besonders „beliebte“ Fehler sind neben der eher exotischen Einberufung durch ein unzuständiges Organ:

  • Nichtladung einzelner Gesellschafter,
  • Verstoß gegen die gesellschaftsvertraglich festgelegten Fristen aufgrund falscher Berechnung,
  • Formfehler der Einberufung (z.B. E-Mail statt eingeschriebenen Briefs),
  • Ladung am „falschen“ Ort zur Verhinderung der Teilnahme einzelner Mitgesellschafter,
  • Mängel der der Ladung beigefügten Tagesordnung (z.B. unzureichende Ausführungen zum Inhalt einer gewünschten Änderung des Gesellschaftsvertrags) und
  • unzulässiger Stimmrechtsausschluss während der Versammlung.

Die Gesellschafterversammlung ordentlich und im Einklang mit Gesetz und Gesellschaftsvertrag vorzubereiten und durchzuführen sollte daher nicht als Formalismus abgetan, sondern gerade in „Spannungsfällen“ sklavisch befolgt werden. Dass vor diesbezüglichen Flüchtigkeitsfehlern selbst eigentlich erfahrene Berufsträger nicht gefeit sind, zeigt die Entscheidung des BGH: Die Partnerschaftsgesellschaft im vorliegenden Fall war eine Rechtsanwaltssozietät.

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