

Klage eines GmbH-Gesellschafters gegen die Fremd-Geschäftsführer
Eine Klage gegen einen Fremd-Geschäftsführer wegen aus dessen Tätigkeit resultierenden Ansprüchen kann ein Gesellschafter nicht im Wege der sog. actio pro socio im eigenen Namen erheben. Vielmehr verbleibt es bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung. Dies entschied der BGH.
Kurzwiedergabe des Sachverhalts
Dem Urteil des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin war eine von zwei Gesellschafterinnen einer GmbH („Gesellschaft“). Die beiden beklagten Personen waren Geschäftsführer der Gesellschaft und Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin (d.h. der zweiten Gesellschafterin der Gesellschaft). Darüber hinaus waren die beiden Beklagten Gesellschafter-Geschäftsführer einer die Mehrheitsgesellschafterin haltenden Holding-Gesellschaft.
Ende 2018 fasste die Klägerin mit der Mitgesellschafterin einen Beschluss, Anteile an einer weiteren Gesellschaft zu erwerben. Über die Höhe des Preises sollte ein gesonderter Beschluss gefasst werden – tatsächlich kam dieser Beschluss aber nie zustande. Nichtsdestotrotz schlossen die beklagten Geschäftsführer für die Gesellschaft die Kaufverträge ab.
Aus Sicht der Klägerin waren die von der Gesellschaft auf Grund der Kaufverträge zu zahlenden Preise überhöht. Aus diesem Grund wollte die Klägerin einen Beschluss mit dem Inhalt fassen, dass Ansprüche gegen die Mitgesellschafterin und die beklagten Geschäftsführer geprüft und ggf. gerichtlich geltend gemacht werden sollen. Besagter Beschluss wurde von der Mehrheitsgesellschafterin, vertreten durch die Beklagten, abgelehnt. Eine offizielle Feststellung dieses ablehnenden Beschlusses fand jedoch „angesichts der unklaren Rechtslage“ nicht statt.
In der Folge verklagte die Klägerin im eigenen Namen – also nicht im Namen der Gesellschaft – die Beklagten auf Leistung von Schadensersatz an die Gesellschaft. Ging das erstinstanzliche Landgericht noch von einer Zulässigkeit der Klage aus, verneinte dies das nächsthöhere Oberlandesgericht. Hiergegen richtete sich die vom BGH zu beurteilende Revision.
Die Entscheidung des BGH-Urteils vom 05.11.2024 – II ZR 85/23
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der BGH wies diese unter Verweis auf folgende rechtliche Ausführungen zurück:
Nach Ansicht des BGH stehe der Klage im eigenen Namen der Vorrang der inneren Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft entgegen. So seien zunächst die für die Geltendmachung zuständigen Gesellschaftsorgane berufen, gesellschaftsbezogene Ansprüche geltend zu machen. Nur wenn dieser Weg für den Kläger unzumutbar sei, könne er im eigenen Namen die Gesellschaftsansprüche gegen den Geschäftsführer geltend machen (sog. actio pro socio).
Eine solche Unzumutbarkeit sei vorliegend allerdings nicht gegeben. Bei den Geschäftsführern handele es sich trotz ihrer (mittelbaren) Beteiligung an der Mehrheitsgesellschafterin um so genannte Fremdgeschäftsführer (d.h. Geschäftsführer, die nicht gleichzeitig Gesellschafter der Gesellschaft sind). Ansprüche gegen einen solchen seien durch die Gesellschafterversammlung geltend zu machen. Dies sei vorliegend auch unproblematisch möglich gewesen. Zum einen hätte die Klägerin den erforderlichen Beschluss allein fassen können, da die Beklagte aufgrund Interessenkonflikts einem Stimmverbot unterlegen hätte. Zum anderen stünde einem solchen Beschluss auch nicht der frühere, unter Mitwirkung der Beklagten gefasste ablehnende Beschluss entgegen. Mangels einer Feststellung dieses Beschlusses entfalte dieser keine durch eine Anfechtungsklage zu beseitigende Verbindlichkeit.
Die Klägerin hätte daher lediglich als Vertreterin der Gesellschaft in deren Namen klagen können. Die Klage im eigenen Namen sei hingegen unzulässig.
Praxishinweis
Wie so oft liegt der Fehler im Detail. Vorliegend wäre die Klage voraussichtlich zulässig gewesen, wenn der klagende Gesellschafter statt einer Klage im eigenen Namen eine solche namens der Gesellschaft erhoben hätte. Die davon unabhängige Frage ist, wie man eine solche Klage gesellschaftsintern vorbereitet:
Bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Geschäftsführer muss die Gesellschafterversammlung einen Beschluss darüber fassen, ob der Anspruch verfolgt werden soll und wer prozessual diesen Anspruch geltend machen soll. Letztere Frage ist vor allem dann entscheidend, wenn der zu verklagende Geschäftsführer der einzige Geschäftsführer der Gesellschaft ist.
Der tatsächlich gefasste, aber nicht festgestellte Ablehnungsbeschluss war zwar im vorliegenden Fall nicht streitentscheidend – dennoch werden anhand dieses Beschlusses einmal mehr die bei der Beschlussfassung generell zu beachtenden Fallstricke aufgezeigt. So wurden bei der Beschlussfassung zwei entscheidende Dinge nicht beachtet: Zum einen, dass die Mehrheitsgesellschafterin einem Stimmverbot unterlag und daher gar nicht hätte mitstimmen dürfen. Zum anderen wurde der Beschluss, nachdem dieser gefasst wurde, nicht festgestellt. Die Beschlussfeststellung ist jedoch für eine GmbH und deren Gesellschafter eine sehr wichtige, rechtliche Klarheit schaffende und obendrein für die feststellende Partei nützliche Verfahrenshandlung: Die Feststellung gibt zunächst die weitere Richtung vor, nachdem der Beschluss gefasst wurde, indem vorläufig unterstellt wird, dass der Beschluss in Verfahren und Inhalt rechtmäßig ist. Diese „Beschlusslage“ gilt also – von besonders gravierenden, zur Nichtigkeit führenden Fällen abgesehen – vorerst. Wer Zweifel an ihrer Legitimität hat, muss tätig werden und Beschlussanfechtungsklage erheben. Dies kostet jedoch Zeit, Geld, Nerven und oftmals die – falls noch vorhanden – gute Beziehung der Gesellschafter.
Welche weiteren Formalien bei einem Gesellschafterbeschluss zu beachten sind, haben wir bereits in weiteren Beiträgen beleuchtet (vgl. bspw. Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses bei Einberufung der Gesellschafterversammlung durch „unbefugte“ Person).
18. März 2025