Keine Löschung von Adressdaten in der Gesellschafterliste
Aus der im Handelsregister öffentlich hinterlegten Gesellschafterliste einer GmbH sind die Gesellschafter auf einen Blick ersichtlich. Was in die Gesellschafterliste einzutragen ist, ist gesetzlich geregelt. Wer aus Versehen zu viele Informationen offenlegt (z.B. seine Privatadresse), hat Pech: Wie ein Beschluss des Oberlandesgerichts München zeigt, kann er keine Löschung dieser Daten aus der Gesellschafterliste verlangen.
Sachverhalt
Dem Beschluss des Oberlandesgerichts München (OLG München) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Bei einer GmbH wurde nach der Übertragung eines Geschäftsanteils eine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister hinterlegt. Sie enthielt – über die gesetzlichen Pflichtangaben hinaus – die kompletten Privatadressen der Gesellschafter. Dies fiel zunächst nicht auf; erst Jahre später beantragte der Geschäftsführer der GmbH die Streichung der Adressen aus der Gesellschafterliste und reichte eine aktualisierte Version ein, die nur den Wohnort angab. Das Registergericht wies den Antrag jedoch zurück.
Beschluss des OLG München vom 25.04.2024 (Az. 34 Wx 90/24)
Die gegen die Entscheidung des Registergerichts eingereichte Beschwerde blieb erfolglos. Das OLG München bestätigte, dass das Registergericht den Antrag auf Löschung von Straße und Hausnummer durch Austausch der Gesellschafterliste zu Recht abgelehnt habe. Zwar mache der Beschwerdeführer zutreffend geltend, dass die Angabe der kompletten Wohnanschrift in der Gesellschafterliste nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Allerdings sei eine Anspruchsgrundlage für die geforderte Löschung der Daten nicht ersichtlich. Einer Löschung stünden öffentliche Interessen, insbesondere die fortdauernde Transparenz- und Beweisfunktion entgegen. Auch aus der Handelsregisterverordnung ergebe sich kein Anspruch auf einen Austausch der Gesellschafterlisten.
Praxishinweis
Die Gesellschafterliste ist keine Formalie, sondern sie legitimiert die Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft und zum Teil gegenüber dem Rechtsverkehr. Sie ist daher vor allem bei der Ausübung von Gesellschafterrechten – die im Normalfall nur diejenigen ausüben dürfen, die in die Gesellschafterliste eingetragen sind – und der Veräußerung von Geschäftsanteilen – wo die Eintragung in die Gesellschafterliste unter bestimmten Voraussetzungen einen gutgläubigen Erwerb ermöglicht – von enormer praktischer Bedeutung. Sie ist aus diesem Grund für jede und jeden kostenfrei im elektronischen Handelsregister abrufbar hinterlegt.
In § 40 des „Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (kurz: GmbHG) ist gesetzlich festgelegt, welche Informationen in die Gesellschafterliste aufzunehmen sind. Weitere Details regelt eine Gesellschafterlistenverordnung. In die Gesellschafterliste sind auf dieser Grundlage Angaben sowohl zu den einzelnen Geschäftsanteilen als auch zu den Gesellschaftern und ihrer jeweiligen Beteiligung aufzunehmen. Treten insoweit Änderungen ein, ist eine sofortige Aktualisierung der Gesellschafterliste erforderlich. Die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste erfolgt in diesen Fällen entweder durch den Geschäftsführer (z.B. bei Namensänderungen in Person der Gesellschafter oder Einziehung von Geschäftsanteilen) oder durch den Notar, wenn dieser an der zugrundeliegenden Änderung mitgewirkt hat (z.B. bei Anteilsübertragungen oder Kapitalerhöhungen). Welche konkreten Angaben hierbei zu machen sind, beschäftigt die Rechtsprechung regelmäßig (siehe etwa Zum Erfordernis einer Veränderungsspalte oder zum Rechtsschutz gegen die Aufnahme einer Gesellschafterliste).
Werden überobligatorisch zu viele Informationen aufgenommen, gibt es keine rechtliche Möglichkeit, die Gesellschafterliste nachträglich aus dem Handelsregister löschen oder die privaten Daten schwärzen zu lassen. Die Gesellschafter in dem vom OLG München entschiedenen Fall haben das am eigenen Leib erfahren: Anstelle (nur) ihres Wohnortes waren und blieben ihre vollständigen Privatadressen öffentlich abrufbar. Die Entscheidung führt daher erneut vor Augen, dass bei der Vorbereitung einer Gesellschafterliste Sorgfalt geboten ist. Denn: Die kostenfreie Offenlegung beispielsweise der Privatadresse für jedermann ist nicht nur ärgerlich, sondern eröffnet (nicht nur bei vermögenden Personen, deren persönliche Daten offengelegt werden) auch die Möglichkeit des Missbrauchs.
Ähnliche Probleme können sich übrigens ergeben, wenn der Notar bei Handelsregisteranmeldungen (z.B. einer Satzungsänderung oder Änderungen bei den Geschäftsführern) aus Versehen private Daten miteinreicht (z.B. weil die Beglaubigungsvermerke auf der Handelsregisteranmeldung nicht geschwärzt oder weggelassen werden). In diesen Fällen haben allerdings die Betroffenen mehr Aussicht auf Erfolg, weil ihnen insofern die Handelsregisterverordnung einen Anspruch auf Austausch des Dokuments gewährt.
26. Juni 2024