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Grenzen der gerichtlichen Bestellung eines Notgeschäftsführers bei internen Streitigkeiten

Die Einsetzung eines Notgeschäftsführers durch das Gericht dient nicht dazu, die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft bei internen Streitigkeiten herzustellen. Ist das für die Bestellung des Geschäftsführers zuständige Organ besetzt und grundsätzlich in der Lage selbst eine Entscheidung herbeizuführen, ist das Eingreifen des Gerichts nicht notwendig.

Sachverhalt

Dem Fall liegt eine interne Streitigkeit um die Bestellung des Geschäftsführers einer im Profisport aktiven GmbH zugrunde. Alleingesellschafter der GmbH ist der Mutterverein. Der Geschäftsführer der GmbH wird nach der Satzung nicht von der Gesellschafterversammlung bestellt, sondern von dem Aufsichtsrat der GmbH. Vorliegend setzte sich dieses Gremium zusammen aus (i) zwei vom Mutterverein entsandten Vertreter und (ii) zwei Vertretern, die nach den Vorstellungen des Investors, einem Fußballmäzen, bestimmt wurden. Hintergrund dessen waren lizenzrechtliche Vorgaben, die eigentlich zum Ausgleich divergierender Interessen des Mutteridealvereins und des Investors beitragen sollten.

Geschäftsführer der GmbH war zunächst der Investor selbst. Bereits für dessen Abberufung war aufgrund der Zusammensetzung des für die Bestellung und Abberufung zuständigen Aufsichtsrats die erforderliche Mehrheit nicht zu erreichen. Der Mutterverein als Alleingesellschafter der GmbH berief daraufhin, entgegen der satzungsmäßigen Kompetenzverteilung, den Geschäftsführer selbst ab. Mit Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde diese Abberufung nicht aufgehoben.

Die Abberufung des Geschäftsführers machte nun jedoch eine Neubestellung eines Geschäftsführers notwendig. Hierzu bestand in diesem Fall zudem eine besondere Dringlichkeit. Denn nach der Lizenzierungsordnung Deutsche Fußball Liga (hier: § 2 Nr. 1 a) DFL LO) muss die fristgemäß einzureichende Bewerbung für die Lizenzerteilung von einem Geschäftsführer unterzeichnen sein. Da die Lizenzerteilung zwingend für die Teilnahme am Spielbetrieb erforderlich ist, hätte die andauernde Führungslosigkeit schwerwiegende Folgen für den Klub haben können.

Entscheidungsgründe

Der im vorliegenden Fall satzungsmäßig für die Bestellung eines Geschäftsführers zuständige Aufsichtsrat war allerdings weiterhin paritätisch besetzt: 50-50 zwischen Mutterverein und Investor (= abberufener Geschäftsführer). Die Entscheidung über einen neuen Geschäftsführer gestaltete sich daher als (zunächst) unmöglich. Der Antrag auf Einsetzung eines Notgeschäftsführers durch das Gericht sollte Abhilfe schaffen.

Diesen Antrag hat das Amtsgericht Hannover jedoch abgelehnt. Nach Ansicht des Gerichts sei ein Eingreifen des Gerichts nicht notwendig, da der satzungsmäßig zuständige Aufsichtsrat besetzt und grundsätzlich in der Lage sei, Beschlüsse zu fassen. Auch das OLG Celle lehnte eine gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers ab, da bei einer fehlenden Einigung im Aufsichtsrat immer noch die Gesellschafter entscheiden könnten. Das OLG Celle stützte dies in Fortsetzung seiner Ausgangsentscheidung auf eine sog. „Ausfallkompetenz“ der Gesellschafterversammlung. Hiernach könne die Gesellschafterversammlung zur Vermeidung einer Führungslosigkeit einen Geschäftsführer bestellen, wenn das für die Bestellung eigentlich zuständige Organ funktionsunfähig ist.

Praxishinweis

Jede GmbH hat nach dem GmbH-Gesetz zwei notwendige Organe: die Gesellschafterversammlung und einen oder mehrere Geschäftsführer. Dem Geschäftsführer obliegt die Führung aller Geschäfte und er vertritt die Gesellschaft nach außen. Ein Geschäftsführer kann ausscheiden, sei es durch Amtsniederlegung, Abberufung oder Tod, und er kann dauerhafter an der Ausübung seines Amtes gehindert sein (bspw. schwere Erkrankung). In solchen Fällen ist eine zeitnahe Bestellung eines neuen Geschäftsführers erforderlich, um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherzustellen. Es gibt Situationen (siehe vorstehender Fall oder etwa die Pflicht zur Unterzeichnung eines Jahresabschlusses), die das Dasein eines Geschäftsführers zwingend machen.

Im Grundsatz wird der Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt. Durch die Satzung kann diese Bestellungskompetenz an andere Organe delegiert werden. Dies ist etwa zweckmäßig, wenn die Position des Geschäftsführers von den (wechselnden) Mehrheitsverhältnissen in der Gesellschafterversammlung unabhängig gemacht werden soll.

Ist das zuständige Gesellschaftsorgan dauerhaft nicht in der Lage, einen Geschäftsführer zu bestellen, kommt die Einsetzung eines Notgeschäftsführers durch das Gericht in besonderen Ausnahmefällen Betracht, um eine dauerhafte Führungslosigkeit der Gesellschaft zu vermeiden. Dies beispielsweise, wenn eine Einberufung der Gesellschafterversammlung aufgrund des Todes eines Gesellschafters und unklarer Erbfolge nicht möglich ist. Die Bestellung eines Geschäftsführers durch das Gericht kommt aber nur in Betracht, wenn keine gesellschaftsinternen Möglichkeiten bestehen. Die Entscheidung des AG Hannover und des OLG Celle verdeutlichen, dass allein interne Streitigkeiten kein tauglicher Grund für die gerichtliche Bestellung eines Geschäftsführers sind.

Ein vom Gericht beorderter (externer) Geschäftsführer birgt zudem auch Risiken. Bleibt das satzungsmäßige Bestellungsorgan handlungsunfähig, bleibt der Notgeschäftsführer im Amt und kann nur durch das Gericht wieder abberufen werden. Situationen einer Führungslosigkeit sollten generell vermieden werden – Möglichkeiten hierzu bestehen:

  • Bestellung mehrerer Geschäftsführer;
  • Besondere subsidiäre Bestellkompetenz in der Satzung für einen Gesellschafter oder ein Aufsichtsratsmitglied für den Fall der Handlungsunfähigkeit des eigentlichen Entscheidungsorgans (Achtung: die Verlagerung auf gesellschaftsfremde Personen (z.B. Konzernmutter, Banken, Investoren) ist umstritten);
  • Mehrheitsverhältnisse: Es empfiehlt sich von Anfang an Strukturen zu implementieren, die eine Handlungsfähigkeit sicherstellen und Mehrheitsentscheidungen ermöglichen (d.h. keine paritätischen Verhältnisse in den Bestellorganen).

Sinnvolle Gestaltungen können schwerwiegende Streitigkeiten und Blockaden mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Tagesgeschäft der Gesellschaft vermeiden. Im vorliegenden Fall konnte die „Rote Karte“ für die Lizenzerteilung durch einen in der Nachspielzeit noch gefundenen Kompromiss gerade noch vermieden werden.

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